Schwangersein und Corona: In guter Hoffnung
Auch in Krisenzeiten werden Frauen ungeplant schwanger. Nun fordert man Abbrüche als Gesundheitsleistung. Ist das alles? Ein Gastkommentar von Martina Kronthaler.
Auch in Krisenzeiten werden Frauen ungeplant schwanger. Nun fordert man Abbrüche als Gesundheitsleistung. Ist das alles? Ein Gastkommentar von Martina Kronthaler.
Wir leben in einer Zeit, in der Ärztinnen und Ärzte, Fachkräfte in der Pflege, in den Apotheken, in der Politik und vielen anderen Bereichen alles daran setzen, Leben zu retten. Die aktuelle Krise trifft jede und jeden von uns, verlangt allen Solidarität ab. Manche wissen nicht, wie es existenziell weitergeht oder haben Angehörige verloren – und ohnehin arme Menschen trifft es besonders hart.
Alles hat sich verändert – und dennoch werden Frauen auch in Extremsituationen wie im Krieg, auf der Flucht, während Hungersnöten und in Krisen schwanger. Bedeutet eine Schwangerschaft schon in „normalen“ Zeiten eine große psychische und physische Umstellung, so fordert sie in diesen Monaten besonders heraus. Nicht jede Schwangerschaft ist derzeit ungeplant. Aber wenn, dann ist dies eine enorme Belastung. Jahrzehntelange Versäumnisse machen sich doppelt und dreifach bemerkbar: Es fehlt an Wissen über Fruchtbarkeit, Methoden der Verhütung und deren richtige Anwendung, Stärkung partnerschaftlichen Verhaltens in Beziehungen, an Verhütungsberatung. Es mangelt an Informationen über Schwangeren-Beratung. Wir haben in Österreich keinen Hilfsfonds für Schwangere in Not wie in Deutschland: Er wird dort mittlerweile vom Staat mit rund 95 Millionen Euro jährlich dotiert.
In Österreich gibt es hingegen keinen öffentlichen Auftrag zur Prävention ungewollter Schwangerschaften und infolgedessen von Abbrüchen. Ein Grund liegt darin, dass bei uns im Gegensatz zu fast allen Ländern Europas Abbrüche statistisch nicht erfasst und ausgewertet werden. Auf diese Weise braucht keine Regierung den Tatsachen ins Auge zu sehen und schon gar nicht darüber nachzudenken, wie Abbrüche präventiv vermieden werden könnten. Ohne Statistik können Maßnahmen auch niemals überprüft werden.
Fakten helfen – gerade jetzt!
Wir fordern daher weiterhin mit unserer Bürgerinitiative „Fakten helfen!“ eine anonyme Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und die – davon unabhängige – regelmäßige wissenschaftliche Erforschung der Motive dafür. Gerade jetzt wäre es besonders wichtig zu wissen, wie sich die Pandemie auswirkt, ob es zu mehr Abbrüchen kommt oder zu weniger, und was Frauen in solchen Situationen brauchen.
Die mangelhafte Datenlage führt indes – wie fast immer bei diesem Thema – zu einseitigen Forderungen: Schwangerschaftsabbrüche sollen als Gesundheitsleistung von der öffentlichen Hand übernommen werden, es soll eine „Abtreibungspille“ für zu Hause geben – und Ärzte sollen dazu verpflichtet werden, Abbrüche in jedem Bundesland zu gewährleisten. Die speziellen Anliegen von Frauen, die ungeplant schwanger wurden, schwanger sind und es bleiben wollen, scheinen in der öffentlichen Wahrnehmung hingegen wesentlich weniger bis gar nicht auf. In Österreich gibt es zwar Förderungen für professionelle Schwangerenberatung, allerdings könnte diese ohne Spenden nicht geleistet werden.
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