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Zum Tod von Erwin Waldschütz
Am 18. September 1995 verstarb Erwin Waldschütz nach langer Krankheit im 47. Lebensjahr. Mit seinem Tod bricht ein philosophisches Leben und Denken ab, das von Leidenschaft und fragendem Tiefgang getragen war. Waldschütz, am 26. September 1948 in Gföhl (Niederösterreich) geboren, absolvierte seine philosophischen und theologischen Studien an mehreren Universitäten und Hochschulen - so etwa in Wien und Löwen - und engagierte sich schon früh über die rein wissenschaftliche Forschung hinaus auch in gesellschaftlichen Fragen und sozialen Problemfeldern der Gegenwart.
Vor allem in Meister Eckhart, dem spätmittelalterlichen Mystiker, Theologen und Philosophen, fand Waldschütz einen Lehr-und Lebemeister, der ihn herausforderte, Philosophie und Theologie, Denken und Glaube zu einer eigenen reflektierten Leben-spraxis zu verbinden. Mit seiner 1978 publizierten Dissertation „Meister Eckhart. Eine philosophische Interpretation der Traktate” und der 1989 publizierten und mit dem Kardinal-Innitzer-Preis ausgezeichneten Habilitation „Denken und Erfahren des Grundes. Zur philosophischen Deutung Meister Eckharts” konnte er sich einen Ruf als international anerkannter Philosoph und Eckhart-Experte erwerben.
Als Assistent am Institut für Indogermanistik, später am Institut für Christliche Philosophie und zuletzt als Universitätsdozent und Assistenzprofessor am Institut für Philosophie an der Universität Wien suchte Waldschütz den Dialog mit den Studierenden und vermochte sie vielfach jene Tiefe des Denkens und Fragens spüren zu lassen, die seinen eigenen Denkweg bestimmte. So war der Professor Waldschütz mehr als nur ein gelehrter Wissensvermittler, sondern ließ als Lehrer die jungen Menschen den Ernst und die Radikalität des Philosophierens verstehen oder wenigstens erahnen.
Seine weitverzweigten Interes-. sen und sein übergreifendes Wissen dokumentieren sich in zahlreichen Arbeiten zu Menschenrechtsfragen und zu Grundfragen einer gegenwärtigen Ethik. Außeruniversitär war es ihm ein großes Anliegen, philosophisches Denken auch in der Erwachsenenbildung zu vermitteln. Nicht zuletzt verdankt ihm die FURCHE zahlreiche Beiträge.
Der Tod des Philosophen Erwin Waldschütz hinterläßt schmerzliche Lücken dort, wo er sich engagiert hat, und Trauer bei denen, die ihm persönlich begegnen durften. Sein Werk blieb unvollendet und ist verstreut, seine umfassende Rezeption steht noch aus.
Der Tod ist der Ernst des Lebens. Erwin Waldschütz wußte um diesen Ernst. Was Meister Eckhart in den Deutschen Predigten von der Abgeschiedenheit sagt, mag nun Trost auch beim Abschied sein: „Da hat er allein Gott, und meinet allein Gott, und es werden ihm alle Dinge reiner Gott.”
Als ehemaligem Schüler sei dem Verfasser abschließend noch gestattet, Erwin Waldschütz für all dies zu danken, was er seinem Lehrer verdankt.
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