Die Regionen in Polen gewinnen mit jedem Jahr an Bedeutung. Für die Zentralisten stets suspekt, in kommunistischen Zeiten fast unsichtbar, mussten sie lange um ihre Kompetenzen kämpfen. Auch die Verwaltungsreform von 1998 konnte die polnischen Regionen nicht so stärken, wie wir als Refomer das wollten.
Jetzt kommt die Vollendung der Reform: Die größten Städte werden eine neue Rolle übernehmen und können ein echtes Zentrum der jeweiligen Region werden. Regionen wie Katalonien oder Schottland werden immer aktiver, kaum jemand hätte eine solche Regionalismuswelle erwartet. Wird das auch bei uns kommen? Immer wichtiger scheint jedenfalls die Gleichbehandlung der Regionen innerhalb des Landes zu werden. In diesem Sinne hoffe ich, dass die neue Politik auch gut für Schlesien wird. Zu lange stand diese Region im Schatten. Österreich mit seiner großen "Regionenerfahrung" kann hier eine große Rolle für uns alle spielen.
Lange glaubte man, dass durch die EU-Integration nicht nur die Nationalstaaten sondern auch und vor allem die Regionen an Bedeutung verlieren würden. Inzwischen aber hat sich gezeigt, dass für die regionale Ebene das Gegenteil gilt. Und der Nationalstaat? Er muss seine Rolle neu definieren. Klar ist schon jetzt, dass hier vor allem die Parlamente betroffen sind: Wenn fast 80 Prozent des Rechts EU-Recht sind, tritt zwangsläufig die Kontrollfunktion oder die Rolle eines Forums politischer Debatten in den Vordergrund. Diese Dinge werden oft sehr emotionell diskutiert, aber auf der sachlichen Ebene sind sie längst entschieden.
Eurpa wird also bunter. Die Vermutung aber, dass die Stadt zur Polis - Staat und Stadt in einem - wird, ist überzogen. Noch ist der Nationalstaat nicht verloren.
Die Autorin war von 2000 bis 2004 polnische Botschafterin in Österreich.
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