Die "Wunderharfe" erstrahlte

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Wie im Vorjahr war die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Christian Thielemann der eigentliche Star der Salzburger Osterfestspiele. Diesmal bei Strauss' heikler "Arabella".

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Wie im Vorjahr war die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Christian Thielemann der eigentliche Star der Salzburger Osterfestspiele. Diesmal bei Strauss' heikler "Arabella".

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Dass Werke des vor 150 Jahren geborenen Richard Strauss im Zentrum des diesjährigen Salzburger Osterfestivals stehen, lag auf der Hand. Denn der Großteil des Opernoeuvres von Strauss, dessen Name untrennbar mit dem Entstehen der Salzburger Festspiele verbunden ist, wurde an der Dresdner Semperoper, deren Klangkörper seit dem Vorjahr das Orchester dieser Osterfestspiele bildet, uraufgeführt. Darunter auch "Arabella".

Wenn man will, Strauss' einzige Antwort zum Genre Operette, das ihn jahrzehntelang beschäftigte, ohne dass er es mit einem ausdrücklichen Werk bedacht hat. Selbst "Arabella" besitzt bestenfalls operettenhafte Züge, atmet sonst den Geist einer großen Oper, wenngleich das Sujet reichlich klischeehaft ausgefallen ist: Der durch seine Spielleidenschaft verarmte Graf Waldner, der durch eine reiche Verheiratung seiner bildschönen Ältesten, Arabella, auch die eigenen Finanzen sanieren muss, kann nicht einmal die Jüngere standesgemäß ernähren. Sie muss deshalb als Junge ihr Leben fristen. Vorerst einmal. Schließlich erweist sie sich, nachdem sie ihr eigentliches Geschlecht preisgegeben hatte, als alle Intrigen auflösende Dea ex Machina. Das garantiert ein doppeltes Happy End: ihre Heirat mit dem Offizier Matteo und die Verheiratung Arabellas mit dem schwerreichen Mandryka.

Hugo von Hofmannsthal, lässt die Handlung im Wien um 1860 - wo solche Szenerien durchaus üblich waren -spielen. Nicht so im Großen Festspielhaus. Denn Regisseurin Florentine Klepper verlegte das Geschehen in die Jahre 1900 bis 1910, der Entstehungszeit von Freuds Psychoanalyse, die zu einem anderen Selbstbewusstsein der Frau führte, wie es auch so manche der Aktionen Arabellas verraten. Ein durchaus akzeptabler Ansatz, würde man davon nicht nur im Programmheft lesen, sondern ließe sich das durch eine entsprechende Personenführung auf der Bühne erkennen. Diese aber bleibt bestenfalls in Ansätzen stecken.

Herrlich differenziertes Orchesterspiel

Problematisch erwies sich die gleichfalls mit Buh-Rufen quittierte Bühnenarchitektur von Martina Segna. Was sie als - ständig hin- und hergeschobene - Räume eines heruntergekommenen Hotels darzustellen versucht, kann man ebenso als abgehauste Wiener Großwohnung sehen. Vollends unbewältigt bleibt die Idee, anstelle eines (Fiaker-)Ball-Ambientes mit einer filmisch inspirierten, skurril-surrealen Szenerie aufzuwarten. Hofmannsthal und Strauss wussten schon, weshalb sie ihre "Arabella" in der morbiden Donaumetropole spielen ließen, an deren spezifischen Charme diese Inszenierung nicht im Mindesten glaubt.

Dafür bewies die Sächsische Staatskapelle Dresden mit ihrem herrlich differenzierten, ideal flexiblen Spiel einmal mehr, dass sie zu den weltbesten Opernorchestern zählt. Eine "Wunderharfe", wie sie schon Wagner bezeichnete, die ihrem Namen alle Ehre machte. Selbstverständlich ein Verdienst ihres Chefdirigenten Christian Thielemann. Auch wenn es dauerte, bis sich die Aufführung schließlich im Finale zu berührender Größe steigerte. Hier hatten die bis dahin mit ihren Kräften sparende Renée Fleming in der Titelrolle und der anfangs mit den Höhen kämpfende, mehr als steifer Aristokrat denn als Landadeliger auftretende Thomas Hampson als Mandryka ihre stärksten Momente. Überstrahlt wurden sie von der vitalsouveränen Zdenka Hanna-Elisabeth Müllers - die Entdeckung des Premierenabends - und der gewohnt quirligen, koloratursicheren Fiakermilli von Daniela Fally. Soigniert das mit Albert Dohmen und Gabriele Benacková besetzte Grafen-Ehepaar Waldner. Rollendeckend die übrigen, von Daniel Behle (Matteo) und Jane Henschel (Kartenaufschlägerin) angeführten, beifällig aufgenommenen Protagonisten.

Arabella

Festspielhaus Salzburg, 21. April

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