Etliche Wünsche ließ die neue #Ariadne auf Naxos# im Theater an der Wien, inszeniert von Harry Kupfer und dirigiert von Bertrand de Billy, offen.
Fast ein Jahrzehnt arbeiteten Richard Strauss und sein Librettist Hugo von Hofmannsthal an #Ariadne auf Naxos#. Nach der von zahlreichen Differenzen begleiteten Zusammenarbeit wurde der Komponist nicht müde, diese #Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel# als ein Meisterwerk zu bezeichnen, das ihm so bald keiner nachmache. Hofmannsthal charakterisierte #Ariadne# im Rückblick als den #Liebling unter den gemeinsamen Kindern#. Die Rezeption gibt diesen Urteilen recht: Kein Haus von Rang, das diese Strauss-Oper nicht auf seinem Programm hatte oder hat. Auch die Wiener Staats- und die Wiener Volksoper.
Ob es damit dieser Neuproduktion wirklich bedurft hätte? Die Gelegenheit, Regie-Altmeister Harry Kupfer dazu zu bewegen, sich einmal dieses Sujets anzunehmen, schien offensichtlich Anlass genug, dieses so charmante wie tiefsinnige Werk auch im Theater an der Wien zu spielen. Und Kupfer hat sich alle Mühe gegeben, mit neuen Ideen aufzuwarten: So lässt er die Handlung in einem Hangar (Bühne: Hans Schavernoch) ablaufen, womit am Schluss Ariadne von Bacchus nicht wie im Libretto auf sein Schiff gebracht wird, sondern in sein Flugzeug.
Weniger überzeugend erwies sich, die Darsteller durch den sonst nur im Text aufscheinenden reichsten Mann von Wien zu erweitern und ihn als an Parkinson Erkrankten im Rollstuhl auf die Bühne zu bringen. Aber Kupfer sieht, wie er im Vorfeld dieser Produktion betonte, diesen Strauss als Spiegelbild des Lebens schlechthin. Und das scheint ihm am augenfälligsten durch bunte Vielfalt symbolisiert. Gleichermaßen ausgedrückt durch das von Übertreibung charakterisierte Agieren der einzelnen Darsteller wie durch deren zumeist schrilles, oft von überdimensionalen Perücken begleitetes Outfit (Kostüme: Yan Tax), das auch die beabsichtigte Entmythologisierung der Regie unterstützt. Etwa wenn Bacchus # von Johan Botha mit betont kraftstrotzender Attitüde gestaltet # im Frack erscheint, dazu mit einer Pose, hinter der man nicht eine geheimnisvolle, gar von Verträumtheit oder Schüchternheit erfüllte Gottheit erkennen kann, sondern eine diktatorisch ihr Ziel verfolgende, gewissermaßen #staatstragende# Persönlichkeit.
Outrierte Fistelstimme
Michael Maertens wiederum muss als Haushofmeister in einem schwarzen Ledermantel auftreten und mit outrierter Fistelstimme die Wünsche seines Herrn zum Besten geben. Der von Jürgen Sacher mit viel Eigenpersiflage gemimte, stimmlich untadelige Tanzmeister zeigte sich von der eigenen Wichtigkeit mehr beeindruckt als von Zerbinetta. Paradiesvögeln gleich erschienen Scaramuccio (Nicolas Watts), Truffaldin (Simon Baley), Brighella (Charles Reid) und Harlekin (Nicolay Borchev), klassisch gekleidet dagegen Najade, Dyrade und Echo, die mit Hendrickje van Kerckhove, Maria Radner und Violet Noorduyn nur durchschnittlich besetzt sind. Heidi Brunner (im strengen Smoking) vermochte bei allem Engagement nicht darüber hinweg zu täuschen, dass sie die Rolle des Komponisten an ihre vokalen Grenzen heranführt. Ungleich überzeugender Jochen Schmeckenbecker als klar artikulierender Musiklehrer.
Ob die in Jeansjacke, gelbem Tanzrock, gelb-grünen Strümpfen auftretende junge Norwegerin Mari Eriksmoen auch in einem größeren Haus als Zerbinetta so reüssieren würde? Technisch hat sie dafür alle Voraussetzungen, die verführerische Lockerheit sollte mit der Routine kommen. Die hätte zwar Anne Schwanewilms, sie aber ließ am Premierenabend als Primadonna/Ariadne vielfach den erwarteten und zu fordernden Glanz vermissen. Wie denn auch Bertrand de Billy am Pult des ORF-Radio-Symphonieorchesters Wien entschieden zu wenig die Farbenpracht dieser Partitur auslotete, pauschale Musizierfreude deutlich über Feinnervigkeit dominieren ließ, was auch auf Kosten der Spannung ging.
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