Vorhang auf, Vorhang zu

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Premieren

John Daszak als Hauptmann, Florian Boesch als Wozzeck, Stefan Cerny als Doktor in "Wozzeck"(unten) am Theater an der Wien. In der Volksoper gab man "Die Räuber"(Bild oben).

Es braucht meist nur wenige Requisiten, um einen Schauplatz entsprechend zu suggerieren. Im Fall des neuen "Wozzeck" am Theater an der Wien sind es im Wesentlichen zwei Vorhänge, welche eine Szene schließen, um wenig später den Blick in eine neue zu öffnen. Wobei man dafür jenen durch Militäruniformen inspirierten Stoff gewählt hat, mit dem auch die durch mehrere Öffnungen charakterisierte dunkle Bühne ausgelegt ist.

Ein -nicht nur im Vergleich zur Salzburger Inszenierung dieses Klassikers vom vergangenen Sommer -betont nüchternes Ambiente (Ausstattung: Gideon Davey), in dem Robert Carsen gewohnt kompetent die Geschichte erzählt. Auf einige Zutaten hätte man verzichten können, etwa, wenn er Marie als drogensüchtig darstellt, den Hauptdarsteller auf einen Leibstuhl setzt. Nicht jeder Holzhammer ist notwendig, führt zu einer besseren Erklärung des Stücks. Andererseits: Carsen versteht, Charaktere zu zeichnen, Massen klug zu führen und macht damit das dieses Stück durchziehende Thema der Hoffnungslosigkeit, aber auch des militärischen Wahnsinns eindringlich deutlich.

Vor allem Florian Boeschs Wozzeck überzeugte. Selbst wenn er die verletzte Seele des gequälten Menschen nicht so berührend darzustellen weiß, wie es in der Salzburger Wozzeck-Inszenierung im Sommer Matthias Goerne so bewegend vorzeugte. John Daszak gab einen zu polternden Hauptmann, Ales Briscein einen mindestens ebenso überheblichen Tambourmajor, Stefan Cerny, stimmlich überzeugender, den Doktor. Hat Carsen mit seiner Marie zu wenig gearbeitet, kann sie mit dieser ihr auch vokal nur bedingt liegenden Rolle nichts oder nur wenig anfangen? Lise Lindstrom war jedenfalls die Enttäuschung dieser bei den übrigen Comprimarii durchaus rollendeckend besetzten Produktion.

Gespielt wurde die gegenüber dem Original reduzierte Orchesterfassung von Eberhard Kloke. Aus ihr holte Leo Hussain an der Spitze der tadellos aufspielenden Wiener Symphoniker weit mehr an klanglicher Vielfalt und Spannung heraus als zuletzt in Salzburg Vladimir Jurowski aus Bergs vollständigem Orchesterpart.

Wie stets darstellerisch wie gesanglich höchst präsent der Arnold Schoenberg Chor.

Die Räuber-Inszenierung von Schulin erzählt mehr plakativ als subtil psychologisch aufgefächert den hier frei nach Schiller thematisierten Vater-Söhne-Konflikt.

Enttäuschendes Präsent

Ein Geburtstagsgeschenk für einen bedeutenden Bassisten, der schon so gut wie überall war und alles gesungen hat? Das ist schwer, noch dazu, wenn sich das langjährige Stammhaus, die Wiener Staatsoper, dieser Aufgabe nicht stellt. So blieb es der Volksoper Wien überlassen, sich Gedanken zu machen und ein passendes Stück für den eben siebzig Jahre alt gewordenen Kurt Rydl auszusuchen, in dem er sich noch einmal entsprechend darstellen kann.

Die Wahl fiel auf einen Verdi, der bisher nur im Haus am Währinger Gürtel gespielt wurde: Verdis "I masnadieri", die man hier selbstverständlich in der deutschen Version, damit als "Die Räuber", gibt. Die Inszenierung -oder sollte man besser sagen: das Arrangement -von Alexander Schulin erzählt mehr plakativ als subtil psychologisch aufgefächert den hier frei nach Schiller thematisierten Vater-Söhne-Konflikt. In historischen Kostümen (Bettina Walter) in einem sich zuweilen drehenden Würfel, der die Bühne zu einem Guckkasten (Bettina Meyer) verkleinert. Wollte man so das Kammerspielartige des Stoffs herausstreichen? Das hätte man auch auf der gesamten Drehbühne, eine entsprechende Personenführung vorausgesetzt, machen können.

Auch die Besetzung schwächelte: Vincent Schirrmachers Karl fehlte es an Höhe, Boaz Daniel an differenziertem Ausdruck und Artikulationsklarheit, Sofia Soloviys Amalia an mehr als nur Brillanz. Kurt Rydl als Maximilian konnte bei aller Bühnenpersönlichkeit nicht verdecken, dass seine Sängerkarriere schon sehr lange über dem Zenit ist. Dazu gesellte sich ein meist lautstark auftrumpfendes Volksopernorchester unter dem wenig Verdi-affinen Dirigenten Jac van Steen, was die Sänger immer wieder zu unnötigem Forcieren zwang.

Wozzeck Theater an der Wien 19., 21., 23., 27. Oktober

Die Räuber Volksoper 21., 23., 27. Oktober

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