So bleibt Macbeth auf der Strecke

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Für einen Star ist man offensichtlich bereit alles zu tun, wie die jüngste "Macbeth"-Serie unter musikalischer Leitung von Bertrand de Billy am Theater an der Wien zeigt. Auch wenn's ohne Erfolg bleibt.

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Für einen Star ist man offensichtlich bereit alles zu tun, wie die jüngste "Macbeth"-Serie unter musikalischer Leitung von Bertrand de Billy am Theater an der Wien zeigt. Auch wenn's ohne Erfolg bleibt.

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Ein Faible für Shakespeare hatte Giuseppe Verdi schon immer. Aber erst bei seiner zehnten Oper, "Macbeth", traute er sich über einen Shakespeare-Stoff und scheiterte -wenigstens im ersten Anlauf. Denn die Uraufführung der ersten Version 1847 am Teatro della Pergola in Florenz fiel bei Publikum und Kritik durch. Also versuchte es der Komponist ein zweites Mal und änderte ein Viertel seiner ursprünglichen Partitur - nicht zuletzt den Schluss schrieb er um. Mit Erfolg, wie die zweite umjubelte Uraufführung 1865 in Paris zeigte. Diese zweite Version hat sich auch durchgesetzt.

Mischung zweier Versionen

Am Theater an der Wien stellt man diese nicht nur zur Debatte, sondern bietet eine Mischversion und zeigt die zweite Fassung mit dem Finale der ersten. Die Finali der beiden Versionen unterscheiden sich grundsätzlich: Am Ende der späteren Fassung steht ein Siegeschor, mit dem der neue König bejubelt wird. Für den Schluss seines ersten "Macbeth" hat Verdi eine effektvolle Arie für den Titelhelden vorgesehen, ehe dieser stirbt. Der anschließende Chor ist kaum mehr als Episode.

Was diese Schlussarie des ursprünglichen "Macbeth" hergibt, konnte man bereits 2001 anlässlich einer mit zahlreichen Stars besetzten Verdi-Gala am Theater an der Wien erleben, die Bertrand de Billy dirigierte. Wohl alles andere als Zufall, dass man ihm nun auch bei dieser "Macbeth"-Produktion begegnet. Und gewiss zeigte er sich von dieser durchaus instruktiven Idee dieser Doppelpremiere angetan, sonst hätte er dabei nicht mitgemacht. Aber wie so oft, mit einer Idee alleine ist es nicht getan -und auch nicht mit berühmten Namen, wie diese Produktion zeigt.

Hört man in diese Mischfassung genauer hinein, so lässt sich deutlich erkennen, wie sehr sich Verdis musikalische Sprache im Lauf dieses "Macbeth"-Prozesses geändert hat. Vor allem, wie er anstelle auf Koloraturen nunmehr auf Sprechgesang, Dialoge sowie einen raffinierteren Orchestersatz setzt. Bertrand de Billy an der Spitze der bestens studierten Wiener Symphoniker hatte auch entsprechende Arbeit geleistet, um dieses vorzuzeigen. Insgesamt hätte man sich von ihm eine spannendere, sich durch mehr Klangfarbenvielfalt auszeichnende Darstellung gewünscht, die das Dramatische des Stoffs klarer hervorgehoben hätte. Auch der Arnold Schoenberg Chor spielte nicht ganz die Form aus, die man von ihm gewohnt ist.

Plácido Domingo (in der Premiere der 1865er Fassung sang Roberto Frontali den Macbeth) hätte sich eine weniger schrille und tiefensichere Lady verdient als Davinia Rodriguez, in der ersten Premiere war diese Partie Adina Aaron anvertraut. Und dass Domingo eine Idealbesetzung für diese Aufgabe ist, werden ihm selbst eingefleischte Fans nicht konstatieren. Bei allem Engagement, mit dem er sich dieser Herausforderung stellte, ist ihm nicht gelungen nachzuweisen, dass er im Baritonfach dieselbe Überzeugungskraft ausstrahlt, die er in seinem angestammten Metier als einer der großen Tenöre der Vergangenheit hatte.

Bescheidene Partikel

Weder Domingos nach wie vor zugkräftige, ein Theater mühelos füllende Prominenz und Ausstrahlung noch die übrigen Protagonisten, unten denen Stefan Kocáns Banco und Arturo Chacón-Cruz' Macduff die übrigen überragten, jedoch ohne mit erstklassigen Leistungen aufzuwarten, konnten diesen Abend zum erwünschten Erfolg führen. Dafür hätte es nicht nur eines insgesamt höheren vokalen Niveaus bedurft, sondern einer sich wirklich mit dem Stück beschäftigenden Inszenierung. Was nützt es, wenn sich der Regie führende Hausherr, Roland Geyer, im Programmheft klug mit dem Sujet auseinandersetzt, man auf der dunkel ausgeleuchteten (Licht: Bertrand Killy), sparsam möblierten Bühne (Johannes Leiacker) aber bestenfalls bescheidene Partikel von diesen Inszenierungsüberlegungen sieht? Noch so gezielt eingeblendete Projektionen (David Haneke) können mangelnde Personenführung und -charakteristik, vor allem Unbeholfenheit, mit Massen umzugehen, weder übertünchen noch vergessen machen.

Macbeth

Theater an der Wien 15., 17., 22., 24. Nov.

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