Halb imaginär, halb real

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Wer kritisiert, dass Salzburg den 150. Geburtstags seines Festspielmitbegründers Richard Strauss nur mit einer seiner Opern feiert, verdrängt die Vorgeschichte. Außer dem neuen "Rosenkavalier" war auch "Capriccio" konzertant geplant. Das fiel dem Rotstift zum Opfer. Ob auch hier von einer so beeindruckenden Aufführung zu berichten gewesen wäre, wie von diesem "Rosenkavalier"?

Der besondere Charme dieser Produktion liegt darin, dass die Komödie in Musik in drei Aufzügen ohne Striche aufgeführt wird. Damit wird deutlich, warum Librettist Hofmannsthal die Oper "Ochs von Lerchenau" nennen wollte. In dieser Version steht nicht die Marschallin oder das spätere Liebespaar Octavian und Sophie im Mittelpunkt des Geschehens sondern Baron Ochs. In der personenbezogenen Inszenierung Harry Kupfers wird er nicht wie sonst meist als hemdsärmelig-polternder Landadeliger gezeichnet, sondern als seinen vermeintlichen Vorzügen blind vertrauender, um Stil bemühter Womanizer -von Günther Groissböck hervorragend gespielt und gesungen.

Überboten wurde seine Leistung nur von der glasklar artikulierenden, Anmut mit Reife ideal verbindenden Marschallin Krassimira Stoyanovas. Ihrer Gestaltung kam zugute, dass Kupfer die Handlung des Stücks aus der Zeit Maria Theresias in die Entstehungszeit der Oper, die ausklingende Monarchie, verlegt und die Marschallin als emanzipierte Frau auftreten lässt. Dass sie am Ende mit Faninal (souverän Adrian Eröd) in einem luxuriösen Oldtimer die Bühne verlässt, verführt zum Nachdenken, wohin sie ihre künftigen Liebespfade führen werden, nachdem sie ihren Octavian (vokal untadelig Sophie Koch) für die liebreizende Faninal-Tochter Sophie (mit Mojca Erdmann zu kleinstimmig besetzt) freigegeben hat.

Ihnen wie den übrigen bestens besetzten Protagonisten bereiteten die glänzend gestimmten Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst einen idealen Klangteppich. Bühnenbildner Hans Schavernoch ließ für die beiden ersten Akte von Thomas Reimer entworfene Videos von Palästen der Wiener Innenstadt und dem Palmenhaus auf die Bühne des Großen Festspielhauses projizieren. Der letzte Aufzug spielt, ein bewusster Kontrast, im Praterbeisl "Zum Walfisch". Ganz so, wie sich Hofmannsthal und Strauss diese "Maskerade" dachten: als "ein halb imaginäres, halb reales Ganzes".

Verdi und die Alten Meister

Auch Regisseur Alvis Hermanis setzte bei seiner "Il trovatore"-Inszenierung -ebenfalls im Großen Festspielhaus -auf eine Bilderfolge. Für ihn spielt dieser Verdi in einem Museum mit Alten Meistern. Umgeben von 51 Bilderklassikern zeigen sich die Protagonisten als Museumsangestellte, ehe sie in ihre Rollen schlüpfen.

Diese Bilder-und Kostümrevue bildet aber kaum mehr als eine farbenprächtige Folie für die sich in ebensolchen dekorativen Arrangements erschöpfende, weder mit einer Vertiefung noch einer Neubeleuchtung des Sujets aufwartenden, damit enttäuschenden Regie. Aber auf ihr lag auf der schon im Vorfeld heftig gehypten Produktion ohnedies nie der Fokus. Im Mittelpunkt stand vorweg die dafür engagierte Sängerprominenz. Und die wird den Erwartungen, wenn auch unterschiedlich, gerecht. Allen voran Anna Netrebko als stimmlich exzellente, alle Energien freisetzende Leonore. Stilsicher, insgesamt zu wenig attackierend gestaltete Francesco Meli den Manrico, zuweilen unruhig tremolierend, aber rollendeckend Marie-Nicole Lemieux die Azucena. Ungleich mehr als Bühnenpersönlichkeit denn stimmlich überzeugte Placido Domingos Luna. Betont differenziert, unterschiedlich spannend führte Daniele Gatti die Philharmoniker und den ebenso exzellent präparierten Staatsopernchor durch Verdis Partitur.

Der Rosenkavalier - Großes Festspielhaus 17., 20., 23. August

Il trovatore - Großes Festspielhaus 15., 18., 21., 24. August

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