Zwei in die Höhe ragende, zu einem spitzen Winkel zusammengeführte getäfelte Wände, davor ein Kubus, der schließlich hochgehoben wird, um das darunter liegende Verlies zu zeigen - diese zwischen hoffnungsvollem Weiß und undurchdringlichem Schwarz changierende Bühnenarchitektur hat sich Christian Schmidt für den neuen "Fidelio" einfallen lassen: Ideal für das Ambiente des Großen Festspielhauses, wie auch für Guths sich gleichfalls auf das Wesentliche des Sujets konzentrierende, minimalistische Inszenierung.
Dualismus von Musik und Bild
Diese setzt auf den Dualismus von Musik und Bild, blendet die Dialoge aus, weil sie nur wiederholen, was die Musik aussagt. An deren Stelle werden Effekte eingeblendet, die das Gefühlsleben der Protagonisten, wie die besonderen Umstände der jeweiligen Orte des Geschehens verdeutlichen.
In dieses auf die Physiognomie der einzelnen Personen konzentrierte szenische Konzept passt auch, dass Guth einen besonderen Fokus auf die Ambivalenz der Darsteller legt. Deswegen gibt er der meist nur als positiv gezeichneten Leonore (souverän Adrianne Pieczonka) wie dem oft einseitig als Bösewicht charakterisierten, tatsächlich aus Angst vor den Mächtigen zitternden Don Pizarro, den Tomasz Konieczny mit verhaltender Dämonie singt, einen Schatten bei.
Darüber hinaus besticht die sich durch perfekte Personenführung auszeichnende Regie durch einen prägnanten, dem unterschiedlichen Charakter der einzelnen Szenen gerecht werdenden Bilderbogen. In diesen sind auch die hier gewissermaßen als Verstärker individueller utopischer Vorstellungen agierenden, auch vokal vorzüglichen Choristen (Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor) effektvoll miteinbezogen.
Ergreifend, wie Florestan (exzellent Jonas Kaufmann) demonstriert, dass er sein Schicksal schon fast für besiegelt hält, berührend, wie Marzelline (untadelig Olga Bezsmertna) nachdem sie ihre Hoffnung auf Leonore fallen lassen musste, die Nähe ihres sarkastisch gewordenen Vaters Rocco (rollendeckend Hans-Peter König) sucht. Zuvor hat sie einen letzten Versuch ihres Liebhabers Jaquino (artikulationsklar Norbert Ernst) wütend abgewehrt. Die Wiener Philharmoniker, die Franz Welser-Möst energiegeladen und differenziert durch die Partitur führt, machen Salzburgs "Fidelio"-Glück komplett.
Fidelio
Großes Festspielhaus
10., 13. , 16., 19. August
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