Zweimal Menschen im Hotel

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Das Theater an der Wien erinnert mit Mozarts "Don Giovanni" an sein zehnjähriges Jubiläum. An der Volksoper feierte Emmerich Kálmáns "Zirkusprinzessin" eine schwungvolle Premiere.

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Das Theater an der Wien erinnert mit Mozarts "Don Giovanni" an sein zehnjähriges Jubiläum. An der Volksoper feierte Emmerich Kálmáns "Zirkusprinzessin" eine schwungvolle Premiere.

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Erfolge soll man nicht in Vergessenheit geraten lassen. Ein solcher war von Anfang an die unkonventionelle "Don Giovanni"-Deutung durch Keith Warner im Theater an der Wien vor zehn Jahren, als es wieder zum Opernhaus mutierte. Heute ist es aus Wiens Opernlandschaft nicht mehr wegzudenken, hat durch seine Programme wesentlich dazu beigetragen, das Opernrepertoire der Stadt zu erweitern.

"Don Giovanni" im Hotel: das hat vor zehn Jahren manche überrascht, vor allem viele begeistert. Denn Regisseur Keith Warner versteht es mit zwingender Selbstverständlichkeit, das Sujet in dieses Ambiente zu führen. Er macht Leporello zum Concierge, Zerlina zum Zimmermädchen, ihren Masetto zum Hotelpagen, lässt die Choristen (der exzellente Schoenberg Chor) in eben diesen Rollen auftreten. Don Ottavio wird in dieser Interpretation zum Priester. Die Regie lässt seine Beziehung zu Donna Anna bewusst offen. Möglich, dass er an Frauen gar nicht interessiert ist? Und der Titelheld? Für ihn, macht es Warner auch in seinem Programmheftbeitrag deutlich, ist er ein reicher Herr, dem alles zufliegt. Er fordert sein Schicksal aber zu sehr heraus, besiegelt damit selbst sein schreckliches Ende.

Natürlich ist er selbstverliebter Verführer, auch wenn Nathan Gunn für diese Aufgabe (2006 gestaltete diese Rolle Gerald Finley) zu farblos und stimmlich wenig eindringlich agierte. Da zeigte sein Leporello, Jonathan Lemalu, weit mehr Kontur. Lars Woldt beeindruckte als profunder Komtur, seine Maske führt Donna Anna, für die man sich eine weniger schrille Besetzung gewünscht hätte als Jane Archibald, in dieser auch mit Spiegelwänden kokettiert spielenden Szenerie (Ausstattung: Es Devlin) meist mit sich. Saimir Pirgu gab einen ordentlichen Don Ottavio, Mari Eriksmoen eine untadelige Zerlina. Jennifer Larmore hätte sich auf die sie überfordernde Rolle der Donna Elivira nicht mehr einlassen sollen.

Ivor Bolton sorgte mit kraftvollen Akzenten, vor allem herzhafter Musikalität am Pult des gut studierten Mozarteumorchesters Salzburg, für den entsprechenden Teppich und eine exakte Korrespondenz zwischen Bühne und Orchestergraben.

Turbulentes in der Volksoper

Menschen im Hotel begegnete man zuletzt auch in der Volksoper. Schließlich ist einer der Protagonisten, Toni Schlumberger, der Sohn des Besitzers des Wiener Hotels "Erzherzog Karl". Das führt dazu, dass er von Prinz Sergius Wladimir für einen Adeligen gehalten wird. Eine der vielen Turbulenzen in dieser auch in Russland und im Zirkusmilieu spielenden, Schlager seligen Emmerich Kálmán-Operette "Die Zirkusprinzessin", deren Libretto der Wiener Kritiker Friedrich Hirschfeld treffend als Mischung von Pseudotragik und Posse angesprochen hat.

Auf den Atem der Musik bedacht

Dieser Vielfalt der szenischen Überraschungen entspricht die für diese Volksopernproduktion kreierte revueartige, auf den spezifischen Atem der Musik bedachte, temporeiche Inszenierung von Thomas Enzinger in der geschmackvollen Ausstattung von Peter Notz (nach einer Idee von Sam Madwar). Die Entdeckung ist der vor Elan sprühende Toni Schlumberger von Hausdebütant Otto Jaus. Juliette Khalil überzeugte als bagschierliche Miss Mabel. Ein Kabinettstück für sich: Robert Meyer als die Lachmuskeln stark strapazierender, virtuos grantelnder Kellner Pelikan.

Souverän Gerhard Ernst als Zirkusdirektor, vor allem gestisch beeindruckend Kurt Schreibmayer als Fürst. Mehr hätte man sich von Astrid Kessler scharf die Höhen ansteuernder Fürstin Fedora und von Carsten Süss' als nur mäßig belcanteskem Mister X erwartet. Das Wiener Staatsballett brillierte in der schmissigen Choreografie von Bohdana Szivacs. Alfred Eschwé zeigte am Pult des Volksopernorchesters, wie viel in ihm steckt, wenn man um seine Vorzüge weiß.

Don Giovanni

Theater an der Wien, 17., 19., 21.,28., 31. Dez.

Die Zirkusprinzessin

Volksoper, 19., 29. Dez., 4., 9., 12. Jänner

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