Die Netrebko als Ereignis

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Ist es wirklich so schwierig, Verdis "Il trovatore" darzustellen? Ist die Story -im Wesentlichen nichts anderes als das tragisch ausgehende Buhlen zweier Brüder um dieselbe Frau - tatsächlich so komplex, dass man immer wieder nach Umwegen suchen muss, um dem Sujet wenigstens einigermaßen zu entsprechen? Man denke nur an den letzten Staatsopern-"Trovatore", den Regisseur István Szabó 1993 im wahrsten Wortsinn in den Ruinen der 1945 zerstörten Wiener Staatsoper versetzt hat. Auch die Idee von Alvis Hermanis im Salzburger Festspielsommer 2014, die Szenerie in einer Bildergalerie spielen zu lassen, erwies sich als wenig tragfähig.

Vokaler Luxus

Auch der Regisseur der jüngsten Staatsopernproduktion, Daniele Abbado, entschied sich für einen Umweg, um - wie er offensichtlich meinte - die Handlung verständlich, zumindest deutlicher zu machen. Er verlegte, ohne das dann durch das Bühnengeschehen zu begründen, die Handlung vom 15. Jahrhundert in die Zeit des spanischen Bürgerkriegs, ließ sich von Bühnenbildner Graziano Gregori ein Einheitsbühnenbild bauen, das die einzelnen Schauplätze suggerieren soll, vor allem die Staatsopernbühne unnötig verkleinert und alles, nur keine Atmosphäre ausstrahlt.

Sesseln und Teppiche werden hin- und hergetragen. Eine Prozession mit einer Marienstatue soll immer wieder an den religiösen Hintergrund der Handlung, die Abbado vornehmlich auf die Brüder Graf Luna und Manrico bezogen wissen will, erinnern. Das hätte sich mit weniger Requisiten, einer differenzierten Lichtregie, vor allem einer überlegteren Interaktion der handelnden Personen klarer darstellen lassen als mit diesen, meist in dunkles Licht gehüllten Bildern. Im Programmheft liest sich Abbados Konzept ungleich spannender als er es zu realisieren versucht hat. Das hat ihm und seinem Team beim Premierenabend auch ein kräftiges Buh-Konzert eingetragen.

Anders die musikalische Seite, für die man keinen vokalen Luxus gescheut hat. Voran Anna Netrebko als in jeder Phase mitreißend ihre Rolle gestaltende Leonora, die gegenüber der Salzburger Festspiel-Produktion vor drei Jahren noch mit weiteren Facetten aufwartete. Prächtig auch der Luna von Ludovic Tézier, sodass es schon in der Pause hieß, auf ihn und nicht auf Manrico sollte Leonores Wahl fallen, zumal Roberto Alagna einiges an Brillanz vermissen ließ. Ganz im Gegensatz zur virtuos ihr dunkles Timbre ausspielenden Luciana D'Intino als ausdrucksstarke Azucena. Rollendeckend die übrigen Comprimarii, wenig präzise der Chor. Mit weniger Konzentration auf Sängerbegleitung und stärkeres gestalterisches Eigenprofil hätte Dirigent Marco Armiliato an der Spitze des souverän aufspielenden Staatsopernorchesters noch mehr Spannung herausholen können.

Il trovatore Staatsoper, 9., 12., 15., 18. Februar

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