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Nixons Auftrag

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AMERIKA AUF NEUEM KURS? — Nixon, die USA und Europa. Von Rolf Breitenstein,Econ-Verlag, Düsseldorf-Wien, 1969, 233 Seiten. DM 10.—.

Der 37jährige Autor, der seit der Ära Kennedy als deutscher Korrespondent in Amerika arbeitet, beschrieb unmittelbar nach Nixons Wahl die Grundlinien der künftigen Amerikapolitik, wie sie aus dem geistigen und politischen Bezugsfeld, aus dem Nixon und sein Team kommt sichtbar werden. Natürlich sind viele Zielrichtungen der künftigen Politik des Präsidenten noch Spekulation, aber Breitenstein macht den europäischen Leser mit dem amerikanischen System der Elitenauswahl bekannt, er skizziert die Grundlinien des „way of life“, der für so viele Entscheidungen der US-Politik wesentlich ist und gerade für Nixon besonders zutrifft der aus dem republikanischen White-collar-Establishment kommt und an den Traum vom guten Amerika seine ganze Wahlkampagne aufgehängt hat.

Nixon wird in seiner Verstrickung mit dem Parteiapparat der Republikaner dargestellt, dem er verpflichtet ißt und durch dessen Mäandergarten er zur Spitze aufstieg, er ruft noch einmal den Wahlkampf ins Gedächtnis, in dem der „Tricky-Dickie“ den Drugstore-Händler Hubert Humphrey schlug. Vor allem aber schildert er das politische Krank-heitsbild, unter dem der Patient Amerika In den Slums von New York und Chikago leidet. Er enthüllt die Tragödie des schmutzigen Krieges, in den das Land durch die Fehlrechnung von Computern und durch die Überschätzung schlechter Generäle geriet und der nur aus einem unstillbaren Prestigeglauben weitergeführt wird, der auch die Mondfahrt beflügelt. Er führt ein in die vertikalen Gesellschaften der Kennedys und des New-England-Establishment, in die Middle-West-Kleinbürgerlichkeit eines Barry Goldwater und in die Urbane Monumentalität eines Rockefeiler oder Lindsay.

Was aber Breitensteins Buch über das anderer Autoren hervorhebt ist die Darstellung des künftigen Verhältnisses Nixons zu Europa im allgemeinen, zu Deutschland im besonderen. Wir wissen, daß Nixon mehr als sein Vorgänger Europa Vorrang einzuräumen bereit ist. Nun stellt sich die Frage, wie die geänderte Globalstrategie mit diesem Wunsch konform geht — und wie der auch von Nixon für notwendig erachtete Ausgleich mit den Sowjets seinen konkreten Preis in Europa (und noch spezieller in Deutschland finden muß). Auf die Antwort nach der Lösung aus diesem Teufelskreis weiß Breitenstein keine Antwort — aber das Buch ist keines, das Therapie vermittelt (deren es sowieso viel zu viele gibt), sondern ein Buch der Diagnose.

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