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Nixon
Richard Nixon hat es geschafft.
Zwar nicht so souverän wie vor vier Jahren Johnson, aber immerhin. Die Scharte von 1960, als Nixon gegen Kennedy ganz knapp verlor, ist ausgewetzt.
„Tricky Dicky" hat im Wahlkampf geschickt die Grabhügel umgangen, die durch voreilige Aussagen und Versprechungen anderen Präsidentschaftskandidaten bereitet wurden. Er hat sich eine freie Bahn gelassen.
Sein Job — wie die Amerikaner auch das höchste Amt im Staat bezeichnen — wird hart sein. Hart deshalb, weil er ein Erbe antritt, das nicht viel vom Traum der Pioniere mehr an sich hat. Es ist eine „alte Welt“ geworden, die sich zwischen San Francisco und New York dehnt. Die Sorgen ließen den Jüngling Amerika zum Greis altern.
Nixon wird — das ist sicher, so schnell wie möglich Frieden machen. Seine Appelle an den Stolz der Amerikaner im Wahlkampf werden ihn nicht abhalten, den schmutzigen Krieg zu liquidieren. Und gerade Nixon ist aus dem Schlag Holz geschnitzt, das auch vietnamesische Putschgeneräle in Saigon zur Räson bringt.
Nixons politisches Profil prägte die Eisenhower-Ära. Er ist sicherlich ein Präsident, der Amerikas Präsenz in Europa verstärken wird und der nach wie vor die Gefahr aus dem Kreml wittert. Und doch wird auch er auf den langen, heißen Weg nach Asien gezwungen werden. Rotchinas Front baut sich nicht ab, sondern erst auf.
Nixon hat im Wahlkampf eine Brüskierung der Neger vermieden. Sie haben ihn zum Großteil sicher nicht gewählt, und um so mehr wird Nixon zum Repräsentanten des „weißen Amerika“ werden. Seine familiäre und soziologische Typisierung zwingt ihn zu Maßnahmen gegen die Störung des inneren Friedens im Lande und zum Kampf gegen die radikalen Neger-Ultras. Aber er wird die eingeleiteten sozialen und wirtschaftlichen Maßnahmen nicht rückgängig machen können und wollen, die eine volle Integration von „Oncle-Tom“ in die Gesellschaft der USA anstreben.
So wird Nixon zum Präsidenten der Mitte werden. Man kann ihm nicht absprechen, daß er zu den starken Persönlichkeiten der amerikanischen Innenpolitik der letzten eineinhalb Jahrzehnte gehört. Und wenn sein Profil auch nicht so strahlend ist wie das Kennedys und so vital wie das Johnsons zu Beginn der Präsidentschaft — ein „Übergangspräsident“ wird Nixon nicht sein. Dazu hat er zu viel Vertrauen seiner Landsleute erlangt — und eine zu gute, wenn auch nicht immer glückliche Vergangenheit.
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