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Kein Katholikenmonopol

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Portugals Premier, Marcelo Caetano, hat dieser Tage einen Beweis für seinen Willen zur schrittweisen Liberalisierung des Regimes erbracht: Er tibergab der Nationalversammlung, dem portugiesischen Parlament also, einen Gesetzentwurf über Religionsfreiheit. Zwar bestand in Portugal seit Ausrufung der Republik im Jahre 1911 eine gewisse Religionsfreiheit, die auch den Nicht-katholiken die Kultausübung gestattete, ihnen jedoch nicht die Rechtsgleichheit mit den Katholiken gab. In einem Staat aber, dessen offizielle Religion der Katholizismus ist, können Andersgläubige kein Staatsamt bekleiden.

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Portugals Premier, Marcelo Caetano, hat dieser Tage einen Beweis für seinen Willen zur schrittweisen Liberalisierung des Regimes erbracht: Er tibergab der Nationalversammlung, dem portugiesischen Parlament also, einen Gesetzentwurf über Religionsfreiheit. Zwar bestand in Portugal seit Ausrufung der Republik im Jahre 1911 eine gewisse Religionsfreiheit, die auch den Nicht-katholiken die Kultausübung gestattete, ihnen jedoch nicht die Rechtsgleichheit mit den Katholiken gab. In einem Staat aber, dessen offizielle Religion der Katholizismus ist, können Andersgläubige kein Staatsamt bekleiden.

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In Portugal hatte die katholische Kirche allerdings nie den gleichen Einfluß wie in Spanien. Der ehemalige Seminarist Salaaar setzte die katholische Kirche zwar wieder in die meisten der durch die Trennung vom Staat 1911 verlorenen Rechte wieder ein — enteignetes Kiirchengut wurde zurückerstattet und die juristische Person religiöser Vereine anerkannt — er ließ sich jedoch vom portugiesischen Episkopat nicht in seiner Staatsführung beeinflussen. Wenn der Kirche in Portugal zu Lebzeiten Salazars überhaupt eine politische Rolle zufiel, darin ist es auf die persönliche Freundischart zurückzuführen, die den Kardinal-Patriarehen von Lissabon, Cerejeira, mit dem Ministerpräsidenten verband. Dies will jedoch nicht heißen, daß der portugiesische Klerus abseits des politischen Geschehens steht: Die hohe Geistlichkeit (mit wenigen Ausnahmen, wie der Bischof von Porto)

war und ist auch heute regimetreu, die niedere Geistlichkeit hingegen zeigt mehr denn je unverkennbar oppositionelle Züge. Es ist durchaus möglich, daß Caestano durch das neue Gesetz das politische Interesse der katholischen Priester neutralisieren und wieder mehr den reinen Glaubensfragen zuwenden will. Denn der Gesetzentwurf sieht die Legalisierung des Proselytismus der nichtkathoMschen Glaubensgemeinschaften und damit eine Konkurrenzfähigkeit gegenüber der katholischen Kirche vor. Die hauptsächlichsten Rechte, die der achtzehn Artikel umfassende Gesetzentwurf garantiert, sind: das Bekenntnis oder Nichtbekenntnis einer Religion; das Recht auf Antwortverweigerung auf die Frage nach der Glaubenszugehörigkeit, es sei denn, es handle nich um eine vertrauliche und gesetzlich angeordnete statistische Erfassung; das Recht der persönlichen Meinungsäußerung in religiösen Fragen; das Recht auf Kultausübung und Verbreitung der entsprechenden Doktrin; das Recht der Eltern, die religiöse Erziehung ihrer Kinder bis zum 16. Lebensjahr zu bestimmen; das Recht zum Installieren religiöser Räumlichkeiten; das Versammlungsrecht zwecks Kultausübung oder zur Ausübung anderer Aktivitäten, die mit der Religion zusammenhängen; das Organisationsund Assoziationsrecht und die Nicht-dLskriminierung aus religiösen Motiven. Außerdem sollen alle staatlich anerkannten Kulte die gleichen Rechte wie die römisch-katholische Kirche genießen.

Man nimmt an, daß nach der Verabschiedung dieses Gesetzes die Revision des 1940 zwischen dem Vatikan und Lissabon abgeschlossenen Konkordats in Angriff genommen werden wird, da die völlige Religionsfreiheit nicht mit dem derzeitigen Konkordatstext in Einklang zu bringen ist. Darüberhinaus sind in der letzten Zeit in Portugals öffentlicher Meinung Kritiken am Konkordat laut geworden, die sich vor allem auf die Unmöglichkeit der Scheidung einer katholisch geschlossenen Ehe, die darauf zurückzuführenden Konkubinate und unehelichen Kinder und auf das Vonschlagsrecht der Regierung bei der Bischofsernennung konzentrieren.

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