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Mahner am Wegrand

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Baudenkmäler, auch die allerbescheidensten, sind das plastische Bild der Geschichte eines Landes und seiner kulturellen Tradition, Was wäre die österreichische Landschaft ohne die Bildstöcke, Marterln, Kreuze und Kapellen am Wegrand?

Zu Gottes Ehre waren sie errichtet und gestiftet worden, wie ihre erhaltenen Inschriften künden, und stumm und unaufdringlich fordern sie alle Vorübergehenden zum Verweilen und zur Andacht auf. Überall treten sie uns entgegen, an Wegen und Straßenkreuzungen, auf Wiesen, Rainen und Feldern, auf Marktplätzen und an Dorfeingängen, an Kirchen und Rathäusern, auf Brücken und Paßhöhen. Nicht selten dienen sie zugleich als Wegweiser in der Umgebung der Wallfahrtsorte, als Markierung von Gemeindegrenzen oder stellen einfach Erinnerungsmaie dar.

Doch wie ist es heute um dieMehrzahl dieser Denkmäler volkstümlich-religiöser Kunst bestellt? Vielfach stehen sie vergessen, verlassen, ungepflegt, verwachsen oder dem Einsturz nahe da, was sie in Kontrast zu der grandiosen Landschaft, der vorbeiziehenden spiegelglatten Asphaltstraße oder der umgebenden neuen Gebäude noch ärmlicher erscheinen läßt, als sie es bereits geworden sind: Ihre Nischen und Innenräume sind ausgeplündert und leer, bestenfalls ziert sie eine billige Gipsflgur, ein häßlicher Öldruck, neben einer verrosteten Konservenbüchse mit ein paar Blumen. Den hie und da noch erhalten gebliebenen Heiligenfiguren fehlen mitunter beträchtliche Stücke von Händen, Füßen, manchmal sogar der ganze Kopf. Nicht selten sieht man Wandfresken, die samt dem Verputz mehr und mehr abbröckeln.

Mußte es wirklich so weit kommen? Mit etwas gutem Willen der zuständigen Pfarrgemeinde oder des Heimatvereins könnte oft mit geringen Kosten vieles gerettet werden. Einige recht gelungene Versuche sind auch schon gemacht worden: Man stattete die leerstehenden Bildstocknischen und Kapellenräume mit stilechten, aus den Depots der Museen geholten Plastiken, Bildern oder Altären neu aus, sicherte diese mittels Ketten, in die Mauer eingelassenen Schrauben oder schmiedeeisernen Gittern vor Diebstahl und fertigte von ihnen obendrein noch genaue Dokumentarphotos an. Anderswo ergänzte oder schmückte man die wiederhergestellten Wegkapellen, Säulen und Marterln einfach mit Werken zeitgenössischer Künstler. Auch neuerbaute, moderne Bildstöcke und Wegkapellen sind in Österreich keine Seltenheit; ein Beweis mehr für die noch immer lebende Tradition.

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