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Aus Kirchen wurden Museen
In unserem Rahmen ist es nicht möglich, die große Zahl österreichischer Diplomaten, Forscher, Ingenieure zu nennen, die bis in die Zeit des zweiten Weltkrieges hinein zum nationalen Wiedererwachen und zum wirtschaftlichen und kulturellen Wiederaufbau Albaniens beitrugen. Der Bogen der deutsch-albanischen Kulturbeziehungen wiederum spannt sich vom Berliner Kongreß (1878) bis in die Gegenwart. Wer diese Gegenwart allerdings aus religiöser und christlicher Sicht im volksdemokratischen Albanien betrachtet, wirft die Frage auf: Wie war es möglich, daß Albaniens Gesetzblatt am
13. November 1967 den gesetzlichen Status der religiösen Denominationen Albaniens einfach aufhob — ohne eine neue gesetzliche Regelung für den islamischen Kult (72,8 Prozent der Bevölkerung), für die orthodoxe Kirche (17,1 Prozent), für die römisch-katholische Kirche (10,1 Prozent) zu treffen? Ebenso störend muß auf den Beobachter wirken, wenn von den rund 2100 Moscheen und Kirchen des Landes die erdrückende Mehrzahl einfach gesperrt wurde und man bloß einige wenige religiöse Gebäude als eine Art „Museum“ geöffnet ließ.
Sehen wir von dieser unleugbaren,
„ideologischen“ Bemerkung ab, so wird man allerdings zur Gesamtlage festhalten: Ein vergleichender Blick auf die unmittelbare Vergangenheit, auf Albaniens verzögerten Anschluß an die westmitteleuropäische Entwicklung belehrt, daß in diesem industriellen Entwicklungslande (trotz kommunistischer „Kulturrevolution“ u. dgl.) die meisten Ereignisse und Vorgänge „systemneutral“ zu deuten sind. Was man aus europäischer Sicht aufrichtig bedauern kann, ist die Isolierung der Volksrepublik Albanien gegenüber dem Westen, die überaus gefährdete und schwierige Lage des Adriastaates, die man als „Rundumverteidigung“ kennzeichnen kann. Das ferne China ist Verbündeter und Rückhalt gegen den Kreml, gegen Belgrad, gegen Athen und natürlich auch gegen Rom, weil Italien seit dem Ende des ersten Weltkrieges bis 1944 machtmäßig, wirtschafts- und kulturpolitisch an vorderster Stelle verankert war.
Das 500. Todesjahr des Türkenhelden Skanderbeg und die Feiern in Tirana sind zweifellos ein Angeld auf die abendländische Zukunft der kleinen, tapferen Nation in dem Staatswesen zwischen Fels und Adria. Zugleich beinhaltet das Skanderbeg-Jahr für Europa selbst eine Verpflichtung gegenüber Albanien, das um eiine bessere Zukunft bemüht Ast.
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