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Österreich und Albanien

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Die Albanienkunde ist seit vielen Jahrzehnten in Österreich beheimatet. So hat auch der namhafte Albanologe DDr. Robert Schwanke eine beachtliche Monographie über Skanderbeg zu dessen Todesjahr vorgelegt. Noch steht eine Drucklegung dieses Werkes aus. Ferner veröffentlichte die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung .— Hannover (Dr. Hans-Georg Loebel) zu Ehren Skanderbegs von zwei österreichischen Autoren eine Broschüre „Albanien zwischen Ost und West“ (Text: Otto R. Ließ, dokumentarischer Anhang [Chronik, Statistik, 40 Biographien zur Gegenwartskunde]: R. Schwanke). Beide Arbeiten nehmen sich in Westeuropa etwas einsam aus, stellen aber jedenfalls eine Überlieferung der österreichischen Albanienkunde wieder her. Es sei deshalb auch in unserem Zusammenhänge darauf verwiesen, warum das Skanderbeg-Jahr für Österreich und Wien seine außerordentliche Bedeutung gewinnt. So heißt es zum Beispiel über „Albaniens europäische Geburtsstunde unter Skanderbeg“ in der erwähnten Broschüre einleitend: „Im österreichischen Burgenland erhebt sich Inmitten eines felsigen Waldgebietes Forchtenstein, eine Burg, die zwiefach europäische Überlieferung aus- stra'nlt: Wer über die alte Zugbrücke schreitet, erblickt über dem Haupttor als Steinrelief eine Muttergottes mit magyarisch-turanischen Gesichtszügen; abweichend von den gotischen Zeugnissen der Bildhauer und Maler in dieser Gegend — zugleich aber ein Zeugnis christlicher Gemeinsamkeit, nahe der österreichisch-ungarischen Grenze. Die alte Trutzfeste gehört seit Jahrhunderten dem Geschlecht der Esterhazy.

Im Ahnensaal zu Forchtenstein wird der Besucher aber auch durch zwei alte Gemälde verblüfft: Der ungarische Türkenheld Johannes Hunyadi (1446—1457) und der albanische Türkenbesieger Georg Kastriota Skanderbeg (1443—1468) blicken einander aus nächster Nähe an. Bekanntlich mißglückte dieser Versuch zu ihren Lebzeiten. Der ungarische Heerführer rumänischserbischer Herkunft (in rumänischen Lehrbüchern heute nachdrücklich Iancu de Hunedoara genannt) fand sich in großer Bedrängnis, als er 1448 auf dem Amselfelde durch das Heer der Osmanen eine böse Niederlage hinnehmen mußte. Soweit die geschichtlichen Quellen heute Auskunft geben, eilte damals Skanderbeg aus dem Süden herbei, um dem bedrängten Heerführer Ungarns beizustehen. Er kam zu spät, weil er auf seinem Zug durch Serbien zuerst mehrere Festungen bezwingen mußte, in denen der Despot Georg Brankovič (1427—1456) den Vormarsch des albanischen Heeres hartnäckig aufzuhalten trachtete.“

Lebensgeschichte eines Helden

Es heißt zu der Lebensgeschichte des albanischen Helden in der genannten Neuerscheinung unter anderem: „Die Legende umrankt manche

Geschehnisse rund um den schlanken, schmalgesichtigen und schwarzäugigen Kastriota, der mutmaßlid 1405 geboren wurde und mit 18 Jahren zur Erziehung an den Hof vor Adrianopel geschickt werden mußte Der junge Georg Kastriota wurde zwangsweise ein Muselmane, erhieli den Namen Iskinder (Alexander) erlernte gemeinsam mit zwei Brüdern am Hofe des Sultans alle ritterlichen Tugenden eines Janitscha- ren. Bald folgte im Kriegsdienst dei Rang eines Beg, so daß er für die Zeitgenossen Iskinder-Beg, das isi Skanderbeg, wurde. Der bis zur Verwegenheit kühne, schlaue und kluge Anführer genoß das besondere Vertrauen des Sultans Murad II. (1421 bis 1451), der ihn 1438 zum Befehlshaber der den albanischen San- dschak beherrschenden Festung Kruja ernannte. Städtchen unč Festung Kruja sollten im Leben des Türkenbesiegers immer wieder eine außerordentliche Rolle spielen. Irr Jahre 1443, also nach 20jährigenr Kriegsdienst unter dem Halbmond und als Mohammedaner, entschlof sich Skanderbeg plötzlich zum offenen Kampf gegen die Hohe Pforte. Der Sultan hatte' ihn kurz vorher nach Dibra strafversetzt . Georg Kastriota trat öffentlich zum Christentum über und leistete ein Vierteljahrhundert lang erfolgreich Widerstand gegen die Unterwerfung seiner Heimat durch die Ungläubigen.“ Papst Pius II., Venedig und Neapel bereiteten einen Kreuzzug vor, dessen Heerführer Georg Kastriota Skanderbeg sein sollte. Der Tod Pius’ II. am 14. August 1464 machte den großen Plan aktiver christlicher Gegenwehr gegen den Halbmond zunichte.

Der Besucher der Waffensammlung des Wiener Kunsthistorischen Museums kann heute den Streithelm und das Schwert Skanderbegs bewundern. Ein Habsburger erwarb in früher Zeit in Italien beide Prachtstücke, durch die das albanischösterreichische Verhältnis einen gewissermaßen ritterlichen Auftakt gewinnt. Schon im Frieden von

Passarowitz vom 21. Juli 1718 : wurde die Donaumonarchie als ' Schutzmacht der Katholiken Nord- : albaniens bestellt. Die Klagenfurter • katholische Lehrerbildungsanstalt, i das Theresianum sowie andere Mittelschulen in Wien, Graz, Linz wurden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Bildungstätten der geistigen . Führungsschichte Albaniens. 1936 nannte man ein albanisches Ministerkabinett in Tirana spöttisch „deutsche Kultur“ — weil ausnahmslos alle Regierungsmitglieder ihre Bildung an einer deutschen Hoch- . schule, überwiegend aber in Wien erhalten hatten.

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