6851379-1976_48_10.jpg
Digital In Arbeit

Kulturzeitschriften vor dem Angriff

Werbung
Werbung
Werbung

D ie Kulturzeitschriften in Österreich haben es nicht leicht. Sie werden zwar vom Bund und von den Ländern zum Teilmit Subventionen versorgt, auch bietet eine besondere Kommission des Bundeskanzlers finanzielle Hilfe. Aber: die Herstellungspreise steigen ununterbrochen und die Verbreitung der Zeitschriften kann mit der Teuerung nicht Schritt halten. Jede Kulturzeitschrift ist Sache einer schreibenden und lesenden Minorität. Sie muß es sein, denn in der Zeitschrift wird experimentiert, über spezifische Fragen nachgedacht, über ein geographisch oder geistig abgrenzbares Gebiet berichtet - wie sollten da die ausschließlich geschäftlich denkenden großen Verteilerapparate den Zeitschriften emsig oder gar begeistert helfen können? Und dann:muß denn das geschriebene Wort nicht gegen die Bildwelt kämpfen, die uns umgibt im Fernsehen, in den Comic-strips, in den Illustrierten? Und schließlich: Sind denn wirklich alle Schulen dazu geeignet, wirklich allen Schülern das mühelose Schreiben und Lesen beizubringen?

Über solche und ähnliche Fragen wurde kürzlich in Linz gesprochen. Die Künstlervereinigung MAERZ hatte zu diesem „Tag der oberösterreichischen Kulturzeitschriften“ eingeladen. Da sprach der kompromißlos um Wahrheit ringende Architekt Günter Feuerstein über seine Zeitschrift „transparent“, da referierte ein still, unermüdlich und opferbereit werkender Vertreter der konkreten Poesie, Heimrad Bäcker, über die Sorgen und Möglichkeiten seiner „neuen texte“, da meldete sich Gertrud Fus-senegger zu Wort, um über das viel-^^chicKtige Programm der „rampe“ 0n großer Klarheit und Knappheit zu berichten, da informierte Günter Rombold über den erstaunlich weitreichenden Themenkreis seiner Zeitschrift „kunst und kirche“; da war durch eine referierende Redakteurin die mit einer Auflage von 80.000 überaus verbreiteten Zeitschrift „Welt der Frau“ ebenso vertreten wie die kleine, hübsche, launenhafte Zeitschrift „Eselsohr“ aus Perg: ihr Herausgeber, Gerhard Pilz, verfocht in gutgesetzten Worten die Position der fröhlichen Freiheit.

16 Herausgeber skizzierten ihre Hoffnungen und Sorgen, taktvoll eingeleitet vom Diskussionsleiter Peter Kraft, der die MAERZ vertrat und zugleich die Zeitschrift „linz aktiv“. Denn auch Kommunalpolitisches kam zur Sprache; verschiedene Heimblätter wurden durchleuchtet; und selbst die 1630 gegründete „Amtliche Linzer Zeitung“ scheute sich nicht, trotz ihres hohen Alters, sich dem Publikum zu stellen, denn es waren auch Bibliothekare gekommen und Kulturpolitiker, Studenten und Buchhändler und zudem sogar ein paar Autoren.

Ein Vormittag der Selbstbesinnung war das in Linz, Bestandsaufnahme und notwendige Selbstanalyse, und vielleicht auch Vorbereitung zum künftigen Gespräch. Dieses aber könnte zu Aktionen führen.

Die Herausgeber einiger österreichischer Kulturzeitschriften sind dabei, die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft zu erwägen. Wolfgang Pfaundler mit seinem „Fenster“ in Innsbruck ist ebenso dabei wie Heimrad Bäcker mit seinen „neuen texten“ (Linz), Miriam Raggam-Linquist ist mit ihrer „Brücke“(Klagenfurt) ebenso beteiligt wie Peter Smolka mit seiner trAustria Today“ in Wien oder ich selbst mit meiner „Pannonia“ in Eisenstadt. Doch plant man, sämtliche Kulturzeitschriften Österreichs zur Mitarbeit aufzufordern.

Das Programm einer solchen Arbeitsgemeinschaft? Zum Beispiel: den großen Bibliotheken des Auslandes ein gemeinsames verbilligtes Abonnement anzubieten. 'Oder: Gemeinsam - und durch die gemeinsam doch recht hohe Auflage begünstigt - als Werbeträger aufzutreten. Oder: in jedem Bundesland wenigstens eine gemeinsame Verkaufsstelle zu errichten - in Wien etwa am Rand des Flohmarktes auf dem Platz Am Hof (eine Idee von Jörg Mauthe). Oder: eine Wanderausstellung der Kulturzeitschriften zu veranstalten, im Rahmen der Erwachsenenbildung und in den Volksbüchereien; mit Lesungen und auch Diskussionen. Oder: gemeinsam mit den Kulturzeitschriften der Nachbarländer in Verbindung zu treten. Denn wenn es möglich ist, eine Jugoslawien-Nummer der „Pannonia“ und gleichzeitig eine Österreich-Nummer der Belgrader Zeitschrift „Sovremenik“ erscheinen zu lassen, dann könnten auch andere, fruchtbare Kontakte gefunden werden. Der Kontakt zum „Arbeitskreis deutschsprachiger Kulturzeitschriften“ in Mainz ist bereits gegeben; und vielleicht wird bei der Gründung der neuen Arbeitsgemeinschaft in Österreich der Leiter jenes deutschen Arbeitskreises, Gottfried Edel, Herausgeber der Zeitschrift ^.reopag“, über seine Erfahrungen berichten.

In Linz jedenfalls wurde ein erster Schritt getan. Gehen also die Kulturzeitschriften nun gewissermaßen zum Angriff über? Es wäre an der Zeit.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung