Ideologie macht Schule

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Rote Camouflage realer Probleme, türkise „Message Control“ - und eine Ombudsfrau als irritierend freies Radikal: Warum Susanne Wiesinger aufregt. Und was nun folgen muss.

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Rote Camouflage realer Probleme, türkise „Message Control“ - und eine Ombudsfrau als irritierend freies Radikal: Warum Susanne Wiesinger aufregt. Und was nun folgen muss.

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Diese Frau war ein Traum in Türkis: Eine „linke rote“ Lehrerin und Gewerkschafterin – ernüchtert und verärgert von den Relativierungen ihrer Genossen angesichts von Entwicklungen, die nicht mehr zu relativieren waren: Wiener „Brennpunktschulen“, in denen junge Burschen als Kleiderpolizisten patrouillierten; Eltern, die nicht greifbar waren; Lehrkräfte, die sich angesichts (pseudo-)kultureller und -religiöser Konflikte nicht mehr zu helfen wussten. Es war eine Fülle an Notständen, die Susanne Wiesinger 2018 unter dem Titel „Kulturkampf im Klassenzimmer“ publizierte – herausgebracht und schreiberisch unterstützt von Dietrich Matschitzʼ an der Wahrheit und nichts als der Wahrheit interessierter „Edition Quo Vadis Veritas“.

Für ihre ideologischen Weggefährten galt Wiesinger fortan als Verräterin, für das türkise Bildungsministerium indes als beste Kronzeugin und Trophäe: Ihre Bestellung zur „Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte“ war Heinz Faßmanns größter personeller Coup. Umso „irritierter“ zeigte man sich, als Wiesinger nun, kurz vor Ende ihres Dienstvertrages im Februar, in einem weiteren Buch namens „Machtkampf im Ministerium“ zu enthüllen versprach, „wie Parteipolitik unsere Schulen zerstört“ – und exklusiv verriet, wie sie sich mit dem türkisen Kabinett überwarf (den Minister selbst nimmt sie dezidiert aus). Wegen „Vertrauens­bruchs“ wurde sie prompt freigestellt.

Bedenkliches Stimmungsbild

Tatsächlich wirft Wiesingers „Under-cover“-Methode Fragen auf. Hätte sie ihr Amt wegen politischer Gängelung hingeworfen und danach darüber ein Buch verfasst – ihre Kritik an den Zuständen und ihre Wahrnehmung als uneitle Unbestechliche wäre plausibler gewesen. Wie schon in ihrem ersten Opus richtet Wiesinger zudem ihren Fokus fast ausschließlich auf das, was nicht funktioniert. Beispiele gelungener Praxis, wie sie in ihrem (vergangenen Montag doch noch vom Ministerium veröffent­lichten) Abschlussbericht angeführt werden, fehlen. Und selbst dieser Bericht ist keine repräsentative Studie, sondern ein Stimmungsbild über Standorte mit Problemen.

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