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Schwarze Kauflöcher

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Es ist kaum zu glauben, aber es gibt sie noch die schwarzen Löcher, die Kauflöcher - jene Zeiten im Geschäftsjahr, wo das Kaufen in die Flaute gerät.

Zugegeben, diese Zeiten sind selten geworden, schließlich löst ein Verkaufshoch das andere ab. Vom Weihnachtsgeschäft geht's nahtlos in den Winterschlußverkauf, dann folgt die Frühjahrsmode, der knapp der Sommerschlußverkauf auf den Fersen ist, na und dann braucht man schließlich auch etwas Neues für den Herbst.

Wenn man nicht genau schaut, dann könnte man glatt glauben, es gibt sie gar nicht mehr die Kauflöcher. Aber wer den Blick fürs Geschäft geschärft hat, der entdeckt immer noch da und dort schwarze Flecken am permanenten Geschäftshoch. So im Februar, wenn die letzten „Alles raus”-Plakate von den Schaufensterscheiben heruntergekratzt sind, dann entsteht manchmal eine gewisse Leere, die aber bald von der superneuen Frühjahrsmode gefüllt wird. Dieses erste Kaufloch ließe sich vielleicht mit Faschingskostümen oder alternativem Fetzenlook füllen, nur zur Abwechslung sozusagen. Auch Sack und Asche als Ascher-mittwochoutfit wären einmal etwas Neues.

Dann vom 15. Mai bis zum Juni, da öffnet sich für Kenner das zweite Kaufloch. Die Frühjahrsware ist abgegriffen und die Sommermode noch zu kühl. Wie war's, wenn man dieses

Loch mit neckischen Maihüten, bunten Maischirmen und Liebesbändern (auch für den Bandeltanz verwertbar) füllen würde.

Das nächste Loch ist das Urlaubsloch, das eigentlich gar kein Loch ist, da ja die einen, die wegfahren, durch jene, die herfahren, wieder ausgeglichen werden.

Und dennoch, Urlauber haben die fixe Idee, daß Hausfassaden und Kirchtürme sehenswerter sind als Schaufenster und ihr Inhalt. Das macht manches Kommerzielle schwieriger. Darum ist es nur recht und billig, wenn bei Schönwetter Bikinis, leichte Flatterkleider und neckische Dessous die Haus wände vor den Geschäften zieren. So kann es passieren, daß Fremde so etwas für unsere Kultur halten und stehenbleiben. Wer weiß?

Bevor der große Weihnachtsrun beginnt, tut sich noch ein letztes kleines Kaufloch zwischen Abschluß des Sommerschlußverkaufes und Einsetzen der Herbstmode auf. Das ist aber spielend mit der Schulkinder- und Lehrermode zu Schulbeginn zu füllen. Ist das Schuljahr neu, muß wohl auch die Schulgarderobe neu sein.

Und wer will, kann zu dieser Zeit auch den Verkauf von Regenmänteln, Regenstiefeln und Regenschirmen forcieren. Die Zeit dazu ist sehr günstig.

Man braucht nur ein paar Ideen, und schon sind sie gefüllt, die letzten Kauflöcher eines Geschäftsjahres. Schließlich ist es bei Käufern und Verkäufern wie bei Schnapstrinkern, sie müssen in Übung bleiben, sonst kann's leicht sein, daß man Entzugserscheinungen hat, und die sind oft sehr schmerzhaft.

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