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Unhöflich, feig, unfair

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Alle Österreicher, denen die Grundsätze der österreichischen Sozialdemokratie etwas bedeuten, werden dem Besuch des Papstes beim österreichischen Katholikentag Achtung und Respekt entgegenbringen. Die mehrheitlich katholische österreichische Bevölkerung hat in den letzten Jahren oft und oft gezeigt, daß ausländische Besucher auch dann, wenn man mit ihren politischen oder weltanschaulichen Auffassungen nicht übereinstimmen konnte, respektvoll und gastfreundlich empfangen wurden.

Zumindest dieser Grundsatz müßte auch gegenüber dem Papst eine absolute Selbstverständlichkeit sein, wobei die Tatsache, daß seine Auffassungen zu vielen Fragen wahrscheinlich von einem großen Teil der Österreicher geteilt werden, gar nicht als zusätzliches Argument ins Treffen geführt werden soll.

Gewisse Äußerungen und Aktionen der jüngsten Vergangenheit haben daher weniger mit dem Bedürfnis nach Diskussion und geistiger Auseinandersetzung zu tun, sondern eher mit Profilie-rungssucht und Wichtigtuerei; dazu kommt, daß zur Diskussion vor allem Toleranz gehört und feindselige Geschmacklosigkeit das genaue Gegenteil von Toleranz symbolisiert.

Deutlicher noch als die Organisatoren des Katholikentages kann ein österreichischer Sozialist sagen, daß es feig und unfair ist, Un-höflichkeiten gegenüber einem Gast mit dem kostbaren Gut der Meinungsfreiheit zu rechtfertigen und zu tarnen.

Meinungsverschiedenheiten zu politischen Auffassungen des Papstes sind natürlich legitim, aber keine Legitimation gibt es für Äußerungen und Handlungen, die Österreichs Rolle als Gastgeber beeinträchtigen könnten.

Gerade in Österreich ist die Meinungsfreiheit so unbestritten und fest verankert, daß man seine Meinung über Erklärungen des Papstes zu Lateinamerika — denen ich gleichfalls nicht zustimme - auch in anderer, intelligenterer und vor allem die Gastfreundschaft und die Gefühle der Katholiken nicht verletzender Weise artikulieren kann.

Glücklicherweise ist es in Österreich gelungen, die Beziehungen zwischen Arbeiterbewegung und Kirche auf ein so solides Fundament zu stellen, daß dieses auch durch manche unerfreulichen Ereignisse der letzten Wochen in keiner Weise erschüttert werden kann.

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