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„Gebt uns eine Chance!“

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In Anbetracht des vermittels des spanischen Staatsanzeigers jüngst angeordneten Wahlzensus s— wie man annimmt zwecks eines Referendums über die Restauration des spanischen Königshauses — glauben die Carlisten die Zeit gekommen, um ihre Chance in der iberischen Arena zu fordern. Da sie sehr wohl wissen, daß ihr nebuloses Programm einen starken Mangel an politischer Aktualität aufweist, wollen sie es durch derzeit in Spanien moderne und zugkräftige Schlagworte aufputzen. So etwa: „Lieber Verstaatlichung als Trustbildung!“ Oder: „Lieber Sozialismus als Herrschaft der Patronatsgruppen!“

Als wir das Wort „Sozialismus“ aus dem Mund unserer carlistischen Gesprächspartner vernahmen, glaubten wir einem Hörfehler zum Opfer gefallen zu sein. Doch wir wurden eines Besseren belehrt: „Doch, doch, wir wollen alles nur zum Gemeinwohl. Und wenn heute der Carlismus aus Spanien verschwinden sollte, dann wären wir Sozialisten!“

Auch für die Religionsfreiheit wollen die streng katholischen Carlisten jetzt eintreten, obzwar sie vor einem Jahr noch nichts davon wissen wollten, sondern sie vielmehr als Bruch der nationalen Einheit und Verrat an den „Toten des Kreuzzugs“ (Bürgerkrieg) ansahen und sich mit scharfen Worten gegen das geplante Protestantenstatut wandten. Möglicherweise ist diese Gesinnungsänderung auf die im Mai dieses Jahres erfolgte Papstaudienz Javiers de Bourbon und seines Sohnes Hugo Carlos zurückzuführen, während der sie wohl mit den Zielen des Konzils näher vertraut gemacht worden sind.

Zweifellos würden sich die Carlisten noch zur Übernahme anderer, ihnen völlig artfremder Ideen bereit erklären, wenn sie damit nur eine Entscheidung des spanischen Volks für Juan Carlos verhindern könnten. Ein Jahr Zeit müßten sie haben, so versicherten uns unsere carlistischen Gesprächspartner, um das spanische Volk mit ihren Programmen und ihren Kandidaten vertraut zu machen. Daß diese Kandidaten Don Javier beziehungsweise Hugo Carlos heißen, steht außer Zweifel. Schlimmstenfalls würden sie sich sogar mit der Rolle einer Partei in einer spanischen Republik, unter Parteiführer Carlos, abfinden Lieber eine rosa Republik als eine juanistische Monarchie.

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