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Verlorenes Rennen

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Unter dem Motto „Gott, König und Vaterland“ haben sich vor einigen Tagen irgendwo in Katalonien, unter Wahrung strikter Geheimhaltung, rund 200 führende Carlisten getroffen. Es handelt sich ausnahmslos um ehemalige Mitglieder der carlisti-schen Studentenorganisation (Agru-paciön Estudiantes Tradicionalistas), die in den Jahren zwischen 1945 und 1970 ihre Studien an der Universität Barcelona absolvierten. Dabei zeigte sich erneut der klare Wille zur Demokratie und zur sozialen Monarchie. Die Carlisten um den politisch sehr profilierten und aufgeschlossenen Prinzen Hugo Carlos von Parma haben sich eindeutig zu einem Denkschema skandinavischen Stils durchgemausert. Die Gattin des Prinzen, Irene von Holland, mag daran nicht ganz unbeteiligt gewesen sein.

Während der Veranstaltung legten die Anwesenden ein Bekenntnis zu den drei fundamentalen Stützen einer künftigen Nach-Franco-Gesell-schaftsordnung ab: Regionale Freiheit in einem System autonomer Republiken — innerhalb eines gesamtspanischen Königreiches — wird an erster Stelle genannt, gefolgt von Gewerkschaftsfreiheit mit nach Arbeitern und Unternehmern getrennten, in freien Wahlen bestimmten Syndikaten, und schließlich die im gewissen Sinne allumfassende politische Freiheit, die selbstverständlich das Recht zur Gründung politischer Parteien enthalten soll. Diese drei Gruppen — Regionen, Gewerkschaften und Parteien — sollen die Hauptträger einer repräsentativen Legislative werden. Auch für die Carlisten gilt also die Idee eines

Ständeparlaments. Sie steuern immer mehr einen betont linksdemokratischen Kurs, der sie in Gegensatz zum Regime bringt. Dieser Kurs soll Anhänger und Zuläufer bringen, denn trotz aller Bemühungen sind die Carlisten nur eine kleine Minderheit geblieben, deren politische Bedeutung nur in der qualitativen Mitgliedschaft zu suchen ist.

Tatsächlich dürfen sich die „dissi-denten“ Bourbon-Anhänger, wie man die Carlisten auch bezeichnen könnte, keine Chancen ausrechnen. Nachdem ihre Zeitschrift, „Monte-jurra“, vor längerer Zeit verboten wurde, ihre ehemalige Hauspostille „Pensamiento Navarro“, welche als Tageszeitung in der Carlistischen Hochburg und Hauptstadt des ehemaligen Königreiches Navarra erscheint, immer mehr in die Hände raktionärer Kreise gerät, besteht kein publizistisches Mittel von Format mehr, das bereit wäre, die carlistischen Ideen auf seine Fahnen zu schreiben.

Dazu kommt, daß selbst Feinde der Monarchie zugeben müssen, daß noch nie in der Geschichte Spaniens der offizielle Thronfolger mit einer so mathematischen Präzision auf sein künftiges Amt als Staatsoberhaupt vorbereitet worden ist, wie Prinz Hugos erfolgreicherer Konkurrent Juan Carlos vorbereitet worden ist. Juan Carlos, Prinz von Spanien, hat in den letzten 20 Jahren jedes Ministerium von innen kennengelernt und ist bei allen drei Waffengattungen hart geschult worden. Seine bisher spektakulärsten Auftritte — der Besuch bei Präsident Nixon und die soeben zu Ende gegangene Japanreise — zeigten dem erstaunten Ausland einen gewandten und geschulten Franco-Nachfolger, der sein Land würdig zu vertreten weiß. Unter diesen Umständen wird es den Carlisten auch in Zukunft nicht möglich sein, ihren Kandidaten für den spanischen Thron weiteren Kreisen des Volkes schmackhaft zu machen.

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