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Juan oder Juan Carlos

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Spaniens innerpolitische Sommerruhe, die alljährlich mit Semesterschluß und Urlaubssaison einzieht, ist durch Ereignisse um die Monarchie und Spaniens Königshaus unterbrochen worden, die sowohl die Unantastbarkeit der von France und dem Volk für Spanien festgesetzten Staatsform als auch die machtpolitischen Strömungen im monarchistischen Lager offenbaren.

„Keine Monarchie bei Wahlen“

Juan Fernändez Figueroa,Direktor der kulturpolitischen Monatsschrift „Indice“, die sich durch unterschiedliches Niveau und gewagt offene Meinungen einen Ruf als Enfant terrible im spanischen Blätterwald geschaffen hat, wurde soeben vom Gericht für öffentliche Ordnung des Verstoßes gegen die Grundgesetze angeklagt und gegen eine Kaution von 50.000 Peseten in bedingte Freiheit entlassen. Sein Vergehen besteht darin, daß er in der Aprilnummer seiner Zeitschrift in krasser Form das ausdrückte, was die Presse der „Nationalbewegung“ anläßlich der beim Besuch der Königinwitwe Victoria Eugenia und ihres Sohnes, des Thronprätendenten Don Juan de Borbön veranstalteten Feiern bewegte: Die Abneigung gegenüber einem künftigen König und die Hoffnung auf den — im Nachfolgegesetz vorgesehenen — Ausweg der Regentschaft.

Sein Artikel, in dem er die Monarchie als Risiko für eine friedliche Zukunft Spaniens hinstellte, gipfelte in lapidaren Sätzen wie: „Das Volk hat das Recht, sich zu irren" und „Bei einer demokratischen Wahl, ohne Franco, wird es keine Monarchie geben. Und wir haben den Verdacht, daß es sie mit Franco ebensowenig geben wird.“

Juan Carlos hat gute Chancen

Selbstverständlich hat das Verfahren gegen Figueroaeinen Schock in der spanischen Presse erzeugt. Doch war er offensichtlich nicht stark genug, um das Thema der Monarchie ad acta zu legen. Spaniens größte Abendzeitung, der gewerkschaftseigene „Pueblo“, spricht von „Schauern“, die einem bei der Propaganda der Verteidiger der monarchischen Lösung über den Rücken laufen und einer monarchistischen Überzeugung, die nur durch den Respekt vor den Grundgesetzen und Furcht vor dem Strafgesetzbuch inspiriert wird. Im übrigen, so meint „Pueblo“, seien Monarchisten eher pittoresk und kaum in politische Bereiche einzustufen; sie gehörten vielmehr in die gleiche Linie wie etwa Vegetarier und Spiritisten.

Diese wenig respektvollen Äußerungen werden von den Monarchisten mit einigem Lächeln abgetan. „Aus unseren Gegnern spricht der Neid über die große Resonanz, die unsere Sache in den letzten Monaten gefunden hat!“ erklärte uns ein Sprecher Don Juans. Tatsächlich kann sich ein Teil der Anhängerschaft der Bourbonen, nämlich der, der Juan Carlos seinem Vater vorzieht, über beachtliche Erfolge freuen: Juan Carlos und seine Gemahlin, Prinzessin Sophie, unternahmen eine offizielle Besichtigung des Vorfeldes von Gibraltar, Juan Carlos durfte eine patriotische Rede halten, die erstmalig in Spaniens Geschichte über den Rundfunk übertragen wurde, sein Besuch von Fabriksanlagen wurde vom Fernsehen gefilmt. Es gibt sogar Gerüchte, die von einer bevorstehenden Heraufsetzung seiner Apanage und einer Erweiterung seines Zivil- und Militärstabs wissen wallen. „Ein Regierungssektoi stellt Juan Carlos in der letzten Zeil stark in den Vordergrund“, bemerkte dazu Don Juans Sprecher. Zu diesem Regierungssektor gehört auch der Minister für öffentliche Arbeiten Federico Silva Munoz, dessen jüngste Parlamentsrede über die erfolgreiche Tätigkeit seines Departements derart starken Widerhall fand, daß viele, innerhalb der Regierung stehende Politiker in ihm bereits den kommenden Ministerpräsidenten sehen.

In dem gleichen Maße, in dem Juan Carlos’ Chancen steigen, scheinen die seines Vaters zu fallen. Die anläßlich seines Namenstages in acht spanischen Städten geplanten Festakte wurden ohne offizielle Begründung kurzweg untersagt. Ein Kurzfilm über Don Juan, der bei diesen verpatzten Gelegenheiten geboten werden sollte, dürfte im Archiv untertauchen. Sogar Juan Carlos, der sich sonst zu seines Vaters Namenstag in der Familienresidenz Villa Giralda in Estoril einfindet, verzichtete dieses Jahr auf die persönliche Gratulation. Statt dessen nahm er selbst zahlreiche Glückwünsche im Madrider Zarzuela- Schlößchen entgegen. Es hat also allen Anschein, daß Don Juan bald seine Meinung über die Bedeutung seines Sohnes wird revidieren müssen. In einem kürzlichen Interview mit der Barceloneser Zeitschrift „Mundo“ bezeichnete er ihn nämlich nur als „ein Verbindungsglied zwischen der Monarchie und der Regierung“.

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