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Der spanische Bürgerkrieg

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SPANIEN IN DIESEM JAHRHUNDERT. Bürgerkrieg. Vorgeschichte und Auswirkungen. Von Rolf Reventlow. Europa-Verlag. Wien-Frankfurt-Zürich. 502 Seiten. S 243.20.

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SPANIEN IN DIESEM JAHRHUNDERT. Bürgerkrieg. Vorgeschichte und Auswirkungen. Von Rolf Reventlow. Europa-Verlag. Wien-Frankfurt-Zürich. 502 Seiten. S 243.20.

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Fürst Friedrich Schwarzenberg, der am sechsjährigen Bürgerkrieg 1834 bis 1839 als Kämpfer für Krone und Altar teilnahm, schrieb in seinen Erinnerungen „Aus dem Wanderbuche eines verabschiedeten Lanzknechts“: „Der Großvater war Guerilla, der Vater ist es, der Sohn wird es und der Enkel träumt und spielt es.“ Vater, Sohn und Enkel haben es 1867 bis 1875 und 1936 bis 1939 recht blutig gespielt. Miguel de Unamuno in seinem Roman „Paz en la guerra“, der vom zweiten Carlistenkrieg handelt, und Hemingway in „For Whom The Bell Tolis“ machten ihre Leser mit der sich im Bruderkampf offenbarenden Seele Spaniens vertraut.

Franco erfreut sich außer im Kreis der Herrschenden und ihres Anhangs keiner großen Beliebtheit, aber selbst seine erbitterten Gegner beten im stillen für sein Leben, denn sie fürchten, mit seinem Abgang würde auch die Pause zwischen den Bürgerkriegen ein Ende nehmen.

Reventlow vermeidet, um sein Buch nicht zu überlasten, den Rückblick auf die vorhergehenden Akte des blutigen Dramas, deren erster 1834 beginnt, und beschränkt sich mit dem Vorspiel des Bürgerkrieges 1936 bis 1939, den in allen Einzelheiten darzustellen, sein Bestreben ist. Dieser Krieg bildet ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der Kommunisten, Faschisten und Nationalsozialisten. Die Weltrevolution, welche wir täglich erleben und die einmal als größte Umwälzung erkannt werden wird, hat unsere Augen und Ohren geschärft. Der Bürgerkrieg in Spanien war bereits, wenn auch lokalisiert, ein Weltkrieg, in dem die großen Mächte ihre Kräfte maßen.

1834 griffen die Kämpfer für Krone und Altar unter Don Carlos gegen die Liberalen, die hinter der Regentin, der Königinmutter Cristina, standen, zu den Waffen. Palmerston lieferte den Liberalen Kriegsmaterial, ließ Rothschild die britische Legion finanzieren, in welche vor allem Polen und Italiener eintraten, und besorgte die Anleihen. England erreichte schließlich sein Ziel, die Eroberung des spanischen Marktes. Louis Philippe lieh der Regentin seine Fremdenlegion,

aber seine Gegner, die Ultras, kämpften für die Carlisten. Österreich zahlte seinen Beitrag zum spanischen Krieg in Subsidien an Don Carlos.

In dem letzten Bürgerkrieg sandte Rußland zwölf Millionen Rubel und wie auch Mexiko, Kriegsmaterial Freiwillige aller Länder, vor allerr Kommunisten, bildeten die internationale Brigade, während die Nationalisten die bekannte Hilfe au« Italien und Deutschland erhielten Die Regierungen Englands unc Frankreichs enthielten sich der Einmischung. Nirgends sonst trat s deutlich die Veränderung der Roller der Großmächte zutage, als sollt« von Spanien deren Umwertung ausgehen. Im ersten Carlistenkrieg kämpfte Friedrich Schwarzenberg auf Seite der Legitimisten, im letzten Bürgerkrieg Julius Deutsch als General der republikanischer Armee. Mit Deutsch durch enge Kameradschaft verbunden, würdig: Reventlow dessen Sorge um der Küstenschutz und ergänzt desser Erinnerungen („Ein weiter Weg“ 1960). Auch den „rasenden Reporter' Egon Erwin Kisch treffen wir ir Spanien wieder, wie auch Andre Malraux, der damals ein Fluggeschwader führte und nicht ahnen konnte, einmal Minister de Gaulles zu werden.

Reventlow nahm im Bürgerkrieg als Bataillonskommandant teil. Ir München geboren, politischer Journalist und Gewerkschaftssekretäi war er nach seiner Rückkehr nach zwanzig Jahren Sekretär der SPD in München. Vom politischen Leben zurückgezogen, widmete er sich seinem großen historischen Werke. „Obwohl engagiert und beteiligt, glaube ich, im zeitlichen Abstand von dreißig Jahren bei dieser Bewertung objektive Maßstäbe angelegt zu haben.“ Man muß Reventlow das ernste Streben nach der historischen Wahrheit zubilligen. Er stützt sich außer auf sein persönliches Erlebnis auf eine allumfassende Bibliographie und gründliche Einsicht in das überreiche Material in den der Erforschung der Zeitgeschichte dienenden Instituten in Amsterdam, Toulouse und München.

„Spanien in diesem Jahrhundert“ gehört zu den bedeutenden, nicht mehr wegzudenkenden Werken der unsere Zeit behandelnden Weltliteratur.

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