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Mehr als ein Ministerwechsel

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Die Begleitumstände der Ernennung des Prof. Villar Palasi unterstützen diese Ansicht. Für gewisse Kreise bedeutete diese Ernennung eine völlige Überraschung. Man hatte mit einer gänzlichen Umbildung der Regierung gerechnet, nicht aber mit einem Wechsel auf nur einem einzigen Ministerstuhl. Hierzu kam noch, daß Pirof. Villar Palasi bei niemandem auf der Liste der möglichen neuen Regierungsmitglieder stand. Es ist bezeichnend, daß der neue Erziehumgsminister zum engsten Mitarbeiterstab des Admirals Carrero Blanco gehört und daß es, wie man hört, der Aidmiral selbst gewesen sein soll, der General Franco seine Ernennung vorgeschlagen hat. Damit hätte Carrero Blanco ein weiteres Vorrecht des Regierungspräsidenten für sich in Anspruch genommen, da laut Verfassung die Ernennung von Ministern „auf Vorschlag des Regierungspräsidenten dem

Staatschef zusteht“. Wie aus den eigenen Worten des Admirals gefolgert werden kann, verspricht seine zukünftige politische Vorgangsweise weder nachgiebig, noch zögernd zu werden. Anläßlich der Übergabe der Stabsoffiziersdiplome richtete er vor kurzem folgende Worte an die frisch- gebackenen Stabsoffiziere:

„Es möge niemand, weder inner- noch außerhalb Spaniens, auch nur die geringste Hoffnung hegen, unser institutionelles System in irgendeiner Weise ändern zu können. Nicht nur, daß das spanische Volk dies niemals dulden würde; im äußersten Fall können wir auch mit unseren Streitkräften rechnen, für die die Durchführung der Befehle des Cau- dillo stets die ehrenvollste Aufgabe bleiben wird!“

Ein Staatsstreich?

Diese Worte des Admirals werden als Antwort auf die Gerüchte über einen geplanten Staatsstreich ausgelegt, die immer wieder in Madrid kursieren. Laut diesen Gerüchten planten einige monarchistische Militärs die Ergreifung der Macht um Don Juan von Bourbon, Graf von Barcelona, Sohn des letzten spanischen Königs, Alfons XIII„ auf den Thron zu bringen.

Obwohl er bei der breiten Mafese mit wenig Sympathien rechnen kann, hat Don Juan von Bourbon eine ständig wachsende Anhängerschar in den politischen Führüngsschichten, .in Bankkreisen und in der Finanzwelt des Landes. Dies “Scheint in jehbn Kreisen, die seit dem Bürgerkrieg das Franco-Regime unterstützten, Meinungsverschiedenheiten und ein gewisses Unbehagen zu verursachen. Die Carlisteh (Anhänger deäs Thron- prätendenten Carlos Hugo von Bourbon) hielten im Laufe des Monats April in ganz Spanien mit ungewöhnlicher Häufigkeit Versammlungen ab, wohl als Vorbereitung für die angekündigte Monsterkundgebung in Montejurra, am heiligen Berg der Carlisten in der Provinz Navarra. An einigen dieser Versammlungen nahmen auch Vertreter der einzig legalen und traditionell antimonarchistischen Partei Spaniens, der Fa- lange, teil, was als Stellungnahme einer gemeinsamen carlistisch-falan- gistiscben Front gegen die Anhänger Don Juans von Bourbons angesehen wird.

Die politischen Spannungen innerhalb des Regimes und die trotz Pesetenabwertung und Stabilisationsplan anhaltende Wirtschaftskrise werden von den von Tag zu Tag besser organisierten und enger zusammenarbeitenden regimefeindlichen Gruppen bestens ausgenützt. Auch die Oppositionstätigkeit der Arbeiter und Studenten ist in der letzten Zeit zusehends stärker geworden. Es kann jedoch kein Zweifel darüber bestehen, daß General Franco entschlossen ist, die Zügel der Macht nicht au? der Hand z,u lassen, und daß Admiral Carrero Blahco dazu ausersehen ist, die Bestrebungen aller derjenigen zu bremsen, die die Zukunft Spaniens .im L dhte einer nichtfranquistischen Ideologie sehen.

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