Unter Berufung auf die "Hauptaufgabe" des Bischofs von Rom, "die Brüder [und wohl auch die Schwestern] im Glauben zu stärken (vgl. Lk 22,32)" veröffentlichte der Heilige Stuhl am 29. Juni ein Dokument mit dem Titel "Ad tuendam fidem" ("Zur Verteidigung/Bewahrung des Glaubens"). Darin werden in Ergänzung zum Glaubensbekenntnis drei Absätze über die Annahme jener Glaubenswahrheiten eingefordert, "die die Kirche unter der Führung des Heiligen Geistes ... im Lauf der Jahrhunderte erforscht hat und immer wieder erforschen muß."
Das Dokument enthält auch eine entsprechende Ergänzung des Kirchenrechts und sieht für Zuwiderhandeln abgestufte Sanktionen vor, von einer "angemessene(n) Strafe" bis zur "großen Exkommunikation". Zur Klarstellung ist dem Dokument ein "Lehrmäßiger Kommentar" der Glaubenskongregation beigegeben, in dem präzise die innere Qualität des geschuldeten Glaubens diagnostiziert wird und Beispiele genannt werden. Die theologische Entwicklung bis zur Definition des päpstlichen Primats wird da zum Beispiel mit der Lehrverkündigung über die Unmöglichkeit der Weihe von Frauen zu Priesterinnen verglichen. Dieses erweiterte Glaubensbekenntnis wird jenen auferlegt, die in der Theologie oder in der Leitung der Kirche tätig sind. Nach 1967 und 1989 ist es ein weiterer Versuch, auf administrativem Weg Ordnung in die theologische Diskussion zu bringen. Was aufmerken läßt, ist die damit verbundene Änderung des Kirchenrechts. Hier soll durchgesetzt werden, was auf anderem Weg nicht Zustimmung fand.
Dieses Vorgehen kann man vielleicht verstehen, abgewinnen kann man ihm nichts. Verteidigung und Strafandrohung paßte in das Kirchenbild des Modernismusstreits, lange vor dem Konzil: Wie viele Klerikergenerationen haben wie oft den Antimodernismuseid geschworen/schwören müssen? Über die Qualität dieser Eide möchte ich nicht einmal nachdenken - vor allem, wenn ich sie in Verbindung zu lebendiger Beziehung zu Jesus Christus und zu seinem Evangelium stelle. Bislang war ich der Meinung, dies sei entscheidend, dort sei auch die Mitte des christlichen Glaubens. Rom sieht das umfassender, ja eben: römisch katholisch.
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