Tollkühner Sprung ins Ungewisse

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"Nachdem ein Konsens mit der Hierarchie nicht in Sicht ist", wagt eine Gruppe österreichischer und deutscher Frauen den Bruch des Kirchenrechts.

Lange wurde über das verfügte Diskussionsverbot zur Frauenpriesterweihe geklagt. Seit zwei Wochen ist es - zumindest in der österreichischen Öffentlichkeit - Geschichte: Das ORF-Magazin thema hatte am 28. Jänner von einer Gruppe von Frauen berichtet, denen ihre Berufung zum Priesteramt zu drängend und das Warten auf ein Einlenken der Amtskirche zu aussichtslos wurde. "Irgendwann im Sommer" wollten sie sich von einem bislang geheim gehaltenen, aber in der apostolischen Sukzession stehenden Bischof zu Priesterinnen weihen lassen.

Indes herrscht vor allem über die konfessionelle Zugehörigkeit des geheimen Oberhirten Rätselraten. Während etwa das deutsche Nachrichtenmagazin Focus vergangenen Montag den Gesuchten im "vaganten Bischof" Peter Hickman aus dem US-Bundesstaat Kalifornien vermutete, der sich selbst als "altkatholisch" bezeichnet, aber von den altkatholischen Kirchen der "Utrechter Union" nicht anerkannt wird, war am selben Tag im Linzer Neuen Volksblatt von einem römisch-katholischen Oberhirten die Rede. Bernhard Heitz, Bischof der altkatholischen Kirche in Österreich, schließt seinerseits etwaige Weihe-szenarien aus: "Ich bin Bischof der Utrechter Union. Eine Weihe kann nur im Kontext meiner Kirche geschehen." Heitz, der 1998 mit Elfriede Kreuzeder und der konvertierten Katholikin Karin E. Leiter Österreichs erste altkatholische Priesterinnen geweiht hat, empfindet gegenüber den katholischen Frauen "echte Sorge": "Wenn es nur formal niedergebügelt wird, täte es mir persönlich sehr leid."

Alle Optionen offen

Damit dies nicht allzu leicht geschieht, hält sich jene Frau, die als einzige Licht ins Dunkel der Bischofsfrage bringen könnte, bedeckt: "Ich würde alle Optionen offen halten und nichts ausschließen", meint Christine Mayr-Lumetzberger kryptisch. Die Linzer Hauptschullehrerin, selbst Weihekandidatin, ist Leiterin eines der drei "Weihevorbereitungskurse" der Plattform "Wir sind Kirche", in denen sich rund 30 Frauen seit drei Jahren in Wien, Innsbruck und Linz mit der persönlichen Berufung durch Gott auseinandersetzen. Freilich wagen nur Teilnehmerinnen aus ihrer Gruppe, und auch hier nur finanziell unabhängige Frauen, den tollkühnen Sprung in die Ungewissheit und das kirchenrechtliche Nichts.

Zeigen viele für diesen Schritt Verständnis, so fallen die dezidierten Unterstützungserklärungen spärlich aus: "Wir würden nie einen Weg außerhalb des Kirchenrechtes wählen", erklärt die Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung Österreichs, Margit Hauft. Nicht Weihe um jeden Preis, sondern eine Änderung des Amtsverständnisses sei das Ziel, so Hauft. Auch die Plattform "Wir sind Kirche" hat sich von den geplanten Frauenpries-terweihen distanziert. Man wolle durch die Vorbereitungskurse "so weit sein, wenn es so weit ist", meint Ingrid Thurner von der Plattform. Das Anliegen contra legem, also durch einen Bruch des Kirchenrechts durchzusetzen, habe man aber weder initiiert noch trage man diesen Entschluss mit. Auch Martha Heizer, Leiterin des Innsbrucker Kurses, zieht den "Weg der kleinen Schritte" einer Konfrontation mit der Amtskirche vor. "Wenn diese Frauen aber den großen Sprung ins Ungewisse wagen, wünsche ich ihnen alles Gute." Verständlich sei das Vorpreschen der Frauen allemal, so Plattform-Vorsitzender Hubert Feichtlbauer: "Ich verstehe, wenn ihre Geduld zu Ende ist."

Angesichts der ablehnenden Position des Vatikans zur Frauenordination müsste jeder noch so dicke Geduldsfaden reißen: Sowohl in der Deklaration "Inter Insigniores" (1976) von Papst Paul VI. als auch im Apostolischen Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" (1994) von Papst Johannes Paul II. wird die Priesterweihe von Frauen definitiv abgelehnt. Begründet wird dies vor allem durch "das in der Heiligen Schrift bezeugte Vorbild Christi, der nur Männer zu Aposteln wählte". Auch die Sprache des Kirchenrechts lässt nichts an Deutlichkeit vermissen. So heißt es in Kanon 1024 des Codex Iuris Canonici: "Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann." Damit sei die Priesterweihe von Frauen "sowohl unerlaubt als auch ungültig", stellt der Linzer Kirchenrechtler Severin Lederhilger fest. Ebenso ungültig seien auch alle Sakramente, die von "geweihten" Frauen gespendet würden.

Exkommunikation?

Unklarer als die Frage der Gültigkeit ist jene nach möglichen Sanktionen: Da in diesem Fall eine "schismatische Handlung" vorliege, sei nach Aussagen des St. Pöltner Bischofs Kurt Krenn auch eine Exkommunikation der Betroffenen zu prüfen. Zudem wäre nach Meinung des Wiener Kirchenrechtlers Bruno Primetshofer spätestens dann eine automatische Exkommunikation gegeben, wenn die ungültig Geweihten ein Sakrament feiern würden. Solange dies nicht der Fall sei, habe der Bischof des Sprengels Handlungsspielraum.

Gerade beim Begriff Exkommunikation plädiert sein Linzer Kollege Lederhilger indes für Zurückhaltung: "Manche stellen sich darunter Dinge bis hin zu Hexenverbrennungen vor." Tatsächlich handle es sich dabei um die Verhängung oder Feststellung der Trennung von der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche, zu der es freilich im Einzelfall kommen könne. "Jedenfalls ist eine Klarstellung gegenüber den betroffenen Personen nötig, dass sie damit die Einheit der Kirche verletzen", so Lederhilger.

Zutiefst verletzend empfindet die Vorsitzende des Österreichischen Frauenforums Feministische Theologie, Maria Moser, einen ganz anderen Umstand - nämlich jenen, "dass die Berufungserfahrungen von Frauen fremdinterpretiert werden oder als nicht gültig erachtet werden". Kritik wird auch an der theologischen Begründung des Nein zur Frauenpriesterweihe geübt: "Wenn wir diese Vorbildwirkung Christi ernst nehmen, dann weihen wir in Zukunft nur mehr jüdische Männer", kommentiert etwa die Wiener Pastoraltheologin Veronika Prüller-Jagenteufel die Vatikandokumente. "Wenn wir so biologistisch und historisierend denken, dann aber konkret." Ins selbe Horn stößt schließlich auch die an der Grazer katholischen Fakultät lehrende ökumenische Theologin Anne Jensen: "Ich bin derselben Meinung wie die Päpstliche Bibelkommission, die vor ,Inter Insigniores' von 1976 gesagt hat, dass es von der Schrift und Tradition her keinen Grund gegen die Ordination der Frauen gibt." Dennoch habe die Glaubenskongregation in der Folge die Frauenpriesterweihe abgelehnt.

Derlei Unerklärliches ist Wasser auf die Mühlen von Christine Mayr-Lumetzberger - wie schon Kanon 1024 an sich: "Das ist ein ungerechtes Gesetz", ist sie überzeugt. "Es ist in gewisser Weise sittenwidrig. Und im bürgerlichen Gesetz sind solche Gesetze nicht verpflichtend einzuhalten."

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