Elf Frauen gegen einen Canon

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Am 29. Juni werden elf Frauen gegen Canon 1024 des römisch-katholischen Kirchenrechts verstoßen, der da lautet: "Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann." Sie lassen sich zu Priesterinnen weihen.

Der weihende Bischof: unbekannt, aber dringend gesucht. Akteure im Vorfeld: Frei umherziehende Bischöfe und jede Menge Journalisten.

Die Begleitmusik: Wild brodelnde Gerüchte, stetig anschwellend.

Die Hauptakteurinnen: Drei Österreicherinnen, drei Deutsche und fünf Amerikanerinnen.

Großer Druck

Wer sie demnächst zur Priesterin weihen wird, will Christine Mayr-Lumetzberger, Sprecherin der Frauen und selbst "Priesteramtskandidatin", auch der furche nicht sagen: "Wir müssen uns und die Bischöfe, die an der Weihe teilnehmen werden, schützen", erklärt sie. "Der Druck auf uns wird immer größer. Wir werden von den Medien teilweise wirklich fertig gemacht. Viele unserer eher betagten Kandidatinnen halten das nicht mehr aus." Bisher habe aber keine der elf Frauen ihre Kandidatur zurückgezogen. Auch Mayr-Lumetzberger bleibt dabei. "Gott beruft nicht nach dem Geschlecht! Die Diskriminierung der Frauen im Recht der katholischen Kirche verstößt gegen die Menschenrechte. Sie widerspricht dem Evangelium und auch dem Vereinsziel der Kirche."

Man handle ganz bewusst gegen Canon 1024: "Denn", so Mayr-Lumetzberger, "wenn das Recht schlecht ist, muss man das Recht ändern. Man kann nicht im Zeitalter der Düsenflugzeuge mit Ochsenkarren fahren!" Eine Exkommunikation, die sich die Neupriesterinnen spätestens bei der Ausübung priesterlicher Handlungen zuziehen, nehmen die Frauen in Kauf: "Wir werden alle priesterlichen Dienste ausüben, um die uns die Menschen bitten. Wir werden auch Eucharistie mit ihnen feiern", sagt Mayr-Lumetzberger klipp und klar. Also doch eine Abspaltung mit anschließendem Abgleiten in eine mehr oder weniger bedeutungslose Unterkirche? Mayr-Lumetzberger wiederholt, was sie in den letzten Tagen den Pressevertretern immer wieder gesagt hat: "Wir wollen uns nicht außerhalb der Kirche stellen. Aber ohne unser Vorgehen würde sich nichts ändern. Nur so bringt man eine Institution dazu, sich zu bewegen!"

Genau das bezweifelt Ingrid Thurner, Sprecherin der Plattform "Wir sind Kirche". In einer Presseaussendung vom 5. Juni hat sich die Plattform offiziell von der geplanten Weihe distanziert. Zwar steuere man mit den elf Frauen ein gemeinsames Ziel an: die volle Gleichberechtigung der Frau und damit auch ihr Zugang zum Priesteramt. Doch wolle man dieses Ziel nicht mit illegalen Aktionen erreichen, machte Thurner sowohl in der Presseaussendung als auch im ORF-Magazin Orientierung deutlich.

Welcher Bischof?

"Illegale Aktionen" - damit ist nicht nur die bevorstehende Priesterinnenweihe gemeint. Eine illegale Bischofsweihe hat die Situation zusätzlich verschärft. Stattgefunden haben soll sie laut Kirchenzeitung der Diözese Linz am 9. Mai in einem Privathaus der Pfarre Viechtwang, Bezirk Kirchdorf. Geweiht wurde der frühere Benediktinerpater Ferdinand Regelsberger, seit 1977 laisiert und nun kirchlich verheiratet. Und auch in diesem Fall ist der Weihespender nur gerüchteweise bekannt: War es ein dubioser argentinischer Erzbischof namens Romulo, der angeblich schon als "Geistheiler" von sich reden machte? - so die Homepage der Religionsabteilung des ORF unter Berufung auf das Linzer Volksblatt. Oder war es ein anderer episcopus vagans, wörtlich ein "frei umherziehender Bischof"? Immerhin soll es laut Erich Leitenberger, Sprecher der Erzdiözese Wien, weltweit rund 1.200 dieser Bischöfe geben. Die Gültigkeit ihrer Weihe ist umstritten. Sie haben mit Rom gebrochen und handeln völlig eigenmächtig, ohne Auftrag einer Kirche.

Wer auch immer der große Unbekannte ist, und ob er auch die elf Frauen am 29. Juni weihen wird - Ingrid Thurner will es gar nicht wissen. Zwar versteht sie, dass den Frauen um Mayr-Lumetzberger der Geduldsfaden gerissen ist. "Die Ursache der ganzen Aufregung ist letztlich die Kirchenleitung, welche die Priesterberufungen von Frauen nicht Ernst nimmt." Doch mit ihrem missionarischen Sendungsbewusstsein würden die zukünftigen Priesterinnen der Sache keinen guten Dienst erweisen. "Die Kirchenleitung wird mit Blick auf dieses Theater das Thema Frauenweihe wieder auf Jahre hinaus schubladisieren. Man wird sagen: Schaut euch diese Spinnerinnen an!"

Bedenken ganz anderer Art äußert Bischof Bernhard Heitz von der altkatholischen Kirche: "Aus unserer Sicht ist die Priesterweihe an eine Gemeinde gebunden. Sie findet nicht im luftleeren Raum statt. Man kann ein Sakrament nicht erzwingen. Gott beruft zwar, aber die Kirche bestätigt."

Recht folgt Theologie

Seine Kirche hat bestätigt: Nach einem mehr als 20 Jahre dauernden Diskussionsprozess innerhalb der Altkatholischen Kirche hat die Österreichische Bistumssynode 1997 den Beschluss gefasst, Priesterinnen zu weihen. Vier Jahre zuvor hatte die anglikanische Kirche denselben Schritt getan - allerdings unter heftigem Protest von ungefähr 400 Priestern, die ihrer Kirche den Rücken kehrten. Den Altkatholiken sind innere Zerreißproben in diesem Ausmaß erspart geblieben.

Bischof Heitz ist überzeugt: "Auch das Recht der römisch-katholische Kirche wird eines Tages der Theologie folgen, die ja schon längst keine Hindernisse gegen die Frauenordination mehr kennt. Canon 1024 kann kein Verhinderungsarm für alle Zeiten sein". Bei allem Verständnis für die Frauen wird er dennoch keinen offiziellen Vertreter zur geplanten Priesterinnenweihe entsenden. "Solange die Weihe gegen die Zustimmung der Kirchenleitung und gegen den Konsens im Kirchenvolk erfolgt, ist kein altkatholischer Bischof der Utrechter Union in der Lage, eine solche Weihe vorzunehmen."

Auch ein Geschäft

Diese offiziellen Worte ihres Bischofs können Karin Leiter, vor vier Jahren zur altkatholischen Priesterin geweiht, nicht daran hindern, am 29. Juni mit dabei zu sein. "Ich werde aus Frauensolidarität und Freundschaft im Presbyterium anwesend sein und den Frauen meine Hände auflegen." Den Namen des weihenden Bischofs will auch sie nicht preisgeben. Sie behauptet, dass es sich um einen in apostolischer Sukzession stehenden Bischof aus Osteuropa handle. Er habe die Frauen schon zu Diakoninnen geweiht. Wie Bischof Heitz äußert auch Karin Leiter ihre persönliche Sorge um die Frauen. "Ich bin heilfroh, dass ich das nicht mitmachen muss! Die Anfeindungen, die Verleumdungen ... Die Frauen werden es bei diesem ganzen Medienrummel verdammt schwer haben!"

Tatsächlich lässt sich die Priesterinnenweihe gut vermarkten, was die Hauptakteurinnen selbst zumindest nicht ausdrücklich verhindern. In der Monatszeitschrift Kirche in (vormals: Kirche intern) kündigt der Patmos-Verlag aus aktuellem Anlass eine Neuerscheinung auf dem Büchermarkt an. Der Titel: "Wir sind Priesterinnen". Die Herausgeber: Die deutsche Sprecherin der zukünftigen elf Priesterinnen, Gisela Forster, und der TV-Journalist Werner Ertel. Letzterer war schon bei der illegalen Bischofsweihe Ferdinand Regelsbergers dabei - einer "Nebenfront", wie er das bezeichnet. Auch exklusive Aufnahmen der Priesterinnenweihe wird er den Medien anbieten. "Ich decke das zu erwartende Defizit der Frauen durch Einnahmen aus meinen Aufnahmen ab", wehrt er jeden Vorwurf der Geschäftemacherei ab. "Ich werde mir sicher keine goldene Nase verdienen."

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