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Emanzipiert oder diskriminiert?

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Die katholische Kirche läßt Frauen derzeit weder zum Diakonat noch zur Priesterweihe zu. Welche Rollen, welche Amter stehen Frauen in anderen Religionen offen?

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Die katholische Kirche läßt Frauen derzeit weder zum Diakonat noch zur Priesterweihe zu. Welche Rollen, welche Amter stehen Frauen in anderen Religionen offen?

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Diskriminierung der Frau wurde durch Inquisition und Männlichkeitswahn, Hexen-und Aberglauben auch im kirchlichen Bereich betrieben. Seit dem II. Vatikanischen Konzil steigt die Zahl der Dokumente (siehe Kasten rechts), die ihre Würde verteidigen. Die folgenden Zeilen wollen objektiv über die Stellung der Frau in der Kirche berichten.

Die Würde der Frau ist gleich der des Mannes. Entgegen mittelalterlicher Hintansetzung der Frau erkennt die Kirche heute, daß der dreifaltige Gott den Menschen als sein Abbild nicht nur als geistiges Wesen zur Beherrschung der Welt, sondern als Mann und Frau zur personal gleichberechtigten Beziehung schuf. Gegenseitiges Helfen und Bergen widersprechen nicht der gleichen Würde von Mann und Frau. Weil die Heilige Schrift Gott männliche und weibliche Züge zuschreibt, ist die Frau auch in ihrem Frausein Abbild Gottes.

Als Mann und Frau geschaffen, kann der Mensch seine Würde als Person nur als Mann oder Frau verwirklichen. Daher verurteilt Bom Vorstellungen von Emanzipation, die Frauen in Männerrollen und Männer in Frauenrollen drängen. Der Mann darf das Frausein nicht zum Objekt von Geschäft, Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt und Versklavung machen. Frausein will die Kirche personal und nicht sexistisch verstanden wissen.

Die Würde der Frau lädt ein zu kirchlichem Engagement: in päpstlichen Kommissionen, in diözesanen Beratungs- und Entscheidungsgremien, an kirchlichen Hochschulen und im Bereich der Theologie. Eindringlich fordert der Papst, die Frauen wegen möglicher Mutterschaft nicht auszugrenzen. Man achtet auf die Würde der alleinerziehenden Frau. Weil die Frau das neue Leben austrägt und zur Welt bringt und über sie der Vater seine Vaterschaft lernen muß, hat sie eine natürliche Begabung zur Wahrung des Lebens überhaupt. Johannes Paul II. bemüht sich um eine Spiritualität der Frau, wenn er die Frau im Blick auf Kirche und Maria sieht.

Der Frau stehen alle gesellschafli-chen Ämter offen. Zum Diakonat wurde keine Entscheidung getroffen. Die Priesterweihe bleibt ihr verwehrt. Gegen das Argument, Jesus habe aus jüdischer Konvention keine Frauen zu Aposteln und Priestern bestimmt, würde es aber heute tun, betont Bom, Jesus habe in vielen Bereichen gegen jüdische Konvention gehandelt, indem er Frauen in seine Nähe rief und mit ihnen aß. Daß Jesus keine Frauen zu Aposteln berufen hat, müsse man als ausdrücklichen Willen Jesu verstehen, zumal er vor der Berufung der Apostel betete und sich so des Willens seines Vaters versicherte. Die Kirche könne Gottes Willen nicht abändern. Im Sinn der Glaubensanalogie legt man nach: Weil der Priester sakramental an Christi Stelle handelt und ihn gegenüber den Gläubigen als anwesend darstellt (II. Vatikanisches Konzil), stellt der Priester auch die Hingabe des Bräutigams an seine Braut, die Kirche, dar. Jesu Verhältnis als Bräutigam zur Braut sei aber nur dann zeichenhaft sichtbar, wenn Jesus durch einen Mann dargestellt werde. Papst und Glaubenskongregation versichern, die Frauen damit nicht neuerlich zu diskriminieren. Sie betonen, das Priesteramt gehöre nicht zu den Rechten menschlicher Person, werde nicht zur Ehre und zum Nutzen des Empfängers, sondern aus Gnade zum Dienst für Gott und Kirche gewährt.

Daß die päpstliche Ribelkommission im Vorfeld all dieser Verlautbarungen die Auffassung vertrat, aus der Schrift lasse sich kein Argument gegen das Priestertum der Frau finden, wird nicht erwähnt. Daß Rom von verschiedenen Bischöfen auf die Nicht-Opportunität einer Stellungnahme hingewiesen worden war, wurde bekannt. Manche Theologen halten die ablehnende Begründung für nicht ganz beweiskräftig, für Frauen schwer nachvollziehbar und, weil doch sexistisch, im Widerspruch zum kirchlichen Anliegen von der Würde der Frau.

Eine persönliche Bemerkung sei erlaubt: Keines der päpstlichen Schreiben zur Weihe der Frau ist in der feierlichen Form einer „Ex-ca-thedra" -Entscheidung vorgetragen und damit auch nicht formell unfehlbar. Ihr Inhalt ist jedoch trotz sachlicher Einwände als Notverordnung solange für „definitiv zu halten" und zur Substanz des Glaubens gehörend zu betrachten, bis die Kirche im Blick auf die Weltökumene, im Blick auf einen klareren und wissenschaftlich allseits befriedigenden biblischen Befund, im Blick auf die Stellung der Frau in den verschiedensten Kulturen der Welt und angesichts der widersprüchlichsten Stimmen aus den Frauenbewegungen, ja auch im Blick auf den geforderten „vir probatus" den nächsten Schritt (so oder so!) formell definitiv bezüglich Frauenweihe tun kann.

Sie tut sich mit dieser Frage leichter, wenn sie zuerst die Würde der Frau weltweit verwirklichen hilft, um in Buhe auf breiter Basis die Frauenweihe neuerlich anzugehen. Das widerspricht nicht dem Papst, der den Schluß der Debatte anordnete. Theologische Untersuchungen und Abklärungen wurden nicht verboten. Daß das derzeitige Verbot der Frauenweihe manch engagierter Frau nicht leicht einsichtig ist, wissen die römischen Dokumente. Es gilt für Befürworter und Gegner der Frauenweihe zunächst eine schmerzliche Umbruchszeit auszuhalten.

Der Autor ist

Professorfür Dogmatische und Ökumenische Theologie an der Universität Innsbruck und Jesuit

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