Symbölchen - © Foto: Rupprecht@kathbild.at

Katholische Kirche: Symbölchen für den notwendigen Wandel

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Ministrantinnen, Lektorinnen, Kommunionspenderinnen gibt es in der katholischen Kirche schon seit Jahrzehnten. Allerdings nur aufgrund besonderer und lokaler Genehmigungen. Nun hat Papst Franziskus dies grundsätzlich möglich gemacht.

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Ministrantinnen, Lektorinnen, Kommunionspenderinnen gibt es in der katholischen Kirche schon seit Jahrzehnten. Allerdings nur aufgrund besonderer und lokaler Genehmigungen. Nun hat Papst Franziskus dies grundsätzlich möglich gemacht.

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Haben Sie schon einmal gesehen, dass eine Frau in einer katholischen Messe die Lesung liest oder die Kommunion austeilt? Vielleicht hatte sie dazu Kurse absolviert. Vielleicht wurde ihr zusammen mit männlichen Laien aufgrund von Canon 230 § 3 des Codex des Kanonischen Rechts mit einer Urkunde die Austeilung der Kommunion in der eigenen Gemeinde „erlaubt“: „Wo es ein Bedarf der Kirche nahelegt, weil für diese Dienste Beauftragte nicht zur Verfügung stehen, können auch Laien, selbst wenn sie nicht Lektoren oder Akolythen sind […] bestimmte Aufgaben […] erfüllen; nämlich den Dienst am Wort […] die Austeilung der heiligen Kommunion.“ Lesungen lesen und Kommunion austeilen durften Frauen schon lange. Papst Franziskus hat am 11. Jänner in Spiritus Domini, einem apostolischen Brief Motu Proprio (und einem ausführlicheren Schreiben an die Glaubenskongregation) die Änderung von Can. 230 § 1 vorgeschrieben. Frauen (und männliche Laien) können mit Inkrafttreten der Änderung mit dem Amt der Lektorin woder der Akolythin (Altardienerin) auf Dauer bestellt werden. Aus einer regelmäßig und im Dienstplan lange im Voraus erteilten Notbeauftragung wird eine Bestellung auf Dauer. Je nachdem, wie man den Vorgang interpretiert, findet man darin eine überflüssige Haarspalterei oder eine Revolution. Die folgenden Überlegungen laden zu einer Positionierung zwischen diesen beiden Polen ein.

Niedere Weihen abgeschafft

Vom Mittelalter bis zu den Reformen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es in der römischen Kirche sieben sakramentale Stufen der Ordination. Sie wurden in zwei Gruppen eingeteilt: die „niederen“: Türhüter, Lektor, Exorzist, Akolyth; und die „höheren“: Subdiakon, Diakon und Priester. Das Amt des Bischofs wurde nicht zu den sakramentalen Ämtern gerechnet. Bis 1972 waren alle Amtsstufen nichts als liturgisch begleitete Durchgangsstadien auf dem Weg zur Ordination zum Priester. Bischöfe waren Priester mit besonderen Befugnissen und Aufgaben. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil richtete Paul VI. (im Motu Proprio Ministeria Quaedam, 1972; 1983 gefolgt vom neuen kirchlichen Gesetzbuch) Diakon, Priester und Bischof als die drei einzigen Stufen der sakramentalen Ordination ein. Darüber hinaus sollte es neu möglich sein, Männer zum Lektor und Akolythen auf Dauer zu bestellen. Damit konnte der Weg zur Ordination zum Priester weiter durch Liturgien begleitet (und theoretisch auch Männer zu diesen Ämtern auf Dauer bestellt) werden. Das kirchliche Recht betont, dass die Kirche für diese Menschen keinerlei materielle Verantwortung übernimmt. Der Begriff „männlich“ wurde jetzt in Can. 230 § 1 gestrichen. Die dauerhafte Bestellung zu Lektorin und Lektor sowie zu Akolythin und Akolyth wird für Männer, die nicht in der Ausbildung zum Pries teramt stehen, und für Frauen geöffnet. Es werden eine neue Liturgie und Ausführungsbestimmungen entstehen. Wer mit Freude oder Schrecken eine Revolution sehen will, kann erhoffen oder befürchten, dass nunmehr Frauen begonnen haben, die Leiter der traditionellen kirchlichen Ämter hinaufzusteigen. Das wäre falsch, weil die beiden Beauftragungen seit fast einem halben Jahrhundert nicht mehr als sakramentale Ordinationen betrachtet werden.

Begründungen aufschlussreich

Haarspalterei liegt nahe, weil die Begründungen, die in den vatikanischen Dokumenten erscheinen, auf den ersten Blick überflüssig sind. Auf den zweiten Blick sind sie aufschlussreich. Auf den ersten Blick ist die Vorstellung von den Charismen nach Paulus (Röm 12,3–8 und 1 Kor 12,12–30) keine tragfähige, innerkirchliche Begründung für Ämterstrukturen. Jeder Mensch habe einen von Gott gegebenen Ort und eine ebenso vorherbestimmte Funktion in der Kirche, ähnlich wie die Organe im Leib des Menschen ihre unverwechselbare Funktion haben. Schon bei Paulus wird die theoretische Gleichheit der Glieder des Leibes zwar angedeutet (1 Kor 12,13).

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