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Einsteigen noch möglich

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Karin K. (21) aus Seewalchen hat gerade an der HAK maturiert. Sie war immer gut in Mathematik und wollte eigentlich Informatik studieren. Peter K. (29) aus Linz hat nach der HTL schon als Programmierer gearbeitet und schreibt nebenbei Programme. Er will eine führende Position in der EDV-Industrie. Anna L. (42) aus Linz ist Programmiererin und hat zwei Söhne mit 13 und 15 Jahren. Sie will wieder einen „besseren“ Berufseinstieg schaffen. Das sind drei Studenten an der neuen Fachhochschule in Hagenberg im oberösterreichischen Mühlviertel. Typisch ist, daß alle eine führende Position als Fachakademiker anstreben, untypisch ist aber (noch?) das Geschlecht: Nur zwei von 26 Studenten eines Jahrganges sind Frauen. Aber: Laut einer Umfrage würden sich 40 Prozent der Maturantinnen für eine Fachhochschule interessieren, wenn es entsprechende Angebote gäbe.

Die Fachhochschulen wollen weder „Schmalspur-Unis“ noch „Über- drüber-HTLs“ sein. Sie stellen ein ganz neues Bildungsangebot dar, das fundiertes theoretisches Wissen mit Praxis anbietet. Als neue Bildungseinrichtung sollen sie Österreichs Jugend „europareif“ machen, aber auch verhindern, daß ambitionierte junge Menschen zwecks Ausbildung ins Ausland gehen (müssen) und dann dort bleiben. Sie sollen den „Brain drain“, den „ Gehirn-Ab- fluß“, in die EU stoppen, wo es etwa in Deutschland schon lange Fachhochschulen gibt, meint der oberö- sterrreichische Wirtschafts-Landesrat Christoph Leitl.

In Österreich startet man mit zehn Fachhochschulen und 685 Studenten. Zwei Fachhochschulen stehen in Oberösterreich, in Hagenberg und Wels, drei in Niederösterreich, je zwei in Wien und dem Burgenland sowie eine in Vorarlberg.

Seit 3. Oktober studieren 70 Schüler „Softwareengineering“ in Hagenberg und 120 „Automatische Anlagen und Prozeßtechnik“ in Wels. Wer sich rasch entschließt, — es gibt noch einige Restplätze für den begehrten Titel des „Diplomingenieurs FH“. In Hagenberg und in Wels je zehn. Bis 31. Oktober kann man noch einsteigen!

Die Fachhochschulen beenden eine Bildungs-Sackgasse. Hier sind nicht nur Maturanten, sondern auch Lehrabsolventen gefragt. Ein Vorbereitungslehrgang macht sie „hoch- schul-fit“: Nach ein bis zwei Semestern, nach vielen gemeinsamen Abenden sind Lehr- und BMS-Ab- solventen reif für die Fachhochschule, die dann noch acht Semester dauert. In Wels kommen 40 der 120 Fachhochschüler, also immerhin ein Drittel, aus Lehrberufen. Gymnasiasten haben nur einen Vorteil: Für sie entfällt der Vorbereitungslehrgang. Und einschlägig vorgebildete HTLer schaffen den „Dipl. Ing. FH“ sogar in nur sechs Semestern.

Leicht ist die Fachhochschule nicht. Für die intensive und kurze Ausbildung muß man manche Mühen auf sich nehmen. Die 31 Stunden pro Woche sind extrem praxisorientiert, die Hälfte des Unterrichts entfällt auf Übungen. Und im dritten Jahr wartet sogar ein ganzes Praxissemester auf die zukünftigen Fachingenieure.

Wer es schafft, hat aber exzellente Zukunftsaussichten. Schließlich besucht im benachbarten Bayern schon jeder dritte Student eine Fachhochschule. Und in ganz West-Europa ist die Fachhochschule längst etabliert. Der Diplomingenieur FH ist „EU-kompatibel“.

In Hagenberg beispielsweise geht es um „weiche Ware“. Das Ziel ist selbständiges Entwickeln von Software, eigenständiges und flexibles Einstellen auf neue. Programmiersprachen. Die Studenten sollen nicht nur Software als industrielles Produkt herstellen lernen, sie werden auch im Management von betrieblichen Softwareprojekten unterrichtet. Nach dem Abschluß soll die Leitung von Softwareabteilungen oder eine erfolgreiche Selbständigkeit winken. Bei der automatisierten Anlagen- und Prozeßtechnik in Wels geht es um Planung, Engineering und Herstellung von Maschinen und Anlagen. Montage-, Prüf-, Lager- und Transportvorgänge müssen automatisiert werden.

Wer erst 1995 einsteigen will, kann ab Herbst in Wels auch Bautechnik belegen. In Steyr soll es einen Fachhochschul-Lehrgang für Produktions- und Managementtechnik geben. Für das nächste Jahr gibt es auch Projekte für Holztechnik in Kuchl, Kommunalwirtschaft in Wieselburg, Medientechnik in St. Pölten und Umwelttechnik in Mödling.

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