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Eine Chance für den E igentumserwerb

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Das Bautenministerium hat Ende März den seit langem angekündigten Entwurf eines neuen Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zur Begutachtung versendet. Das Gesetz soll für den Bereich der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft ein neues Wohnrecht schaffen und insbesondere die Rechte der Mieter und Nutzungsberechtigten stärken.

Als Grundprinzip der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft wird das Kostendeckungsprinzip sehr ausführlich geregelt, demzufolge für den Grundanteil und die Miete bzw. das Nutzungsentgelt nur tatsächlich angefallene Kosten verrechnet werden dürfen. Der Entwurf sieht vor, daß Miet- oder Nutzungsverträge nach Mustern abzuschließen sind, die vom Revisionsverband der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen zu erstellen und von der Landesregierung zu genehmigen sind. Der Inhalt dieser Verträge soll jedoch im Gesetz nicht festgelegt werden.

Sollte es bei einer solchen Regelung bleiben, wird dies für die betroffenen Mieter eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringen, da sie genausowenig wie jetzt wissen werden, mit welchem Vertragsinhalt sie zu rechnen haben. Außerdem könnten in den einzelnen Bundesländern völlig unterschiedlich gestaltete Verträge zur Anwendung kommen.

Gegenüber der bisher vielfach geübten Praxis soll dem Mieter bei Auflösung des Mietverhältnisses ein Vorteü daraus entstehen, daß er nicht wie bisher nur den seinerzeit eingezahlten Eigenmittelanteil zurückerhält, sondern dieser ist nach dem Verbraucherpreisindex aufzuwerten und gleichzeitig mit höchstens 2 Prozent pro Jahr für die Abnutzung abzumin- dem. Außerdem kann der Mieter oder Nutzungsberechtigte in Hinkunft selbst einen Nachmieter namhaft machen, wenn die Bauvereinigung die Wohnimg_nicht selbst binnen drei Monaten nach Räumung vermietet.

Ferner können die Mieter Vertrauenspersonen wählen, die von der Bauvereinigung von jeder Änderung der Miete zu verständigen uiid vor jeder die Interessen der Hausgemeinschaft berührenden wesentlichen Änderung sowie bei der Gestaltung der den Mietern oder Nutzungsberechtigten dienenden Anlagen, bei der Auswahl der Art der Betriebe, die der Befriedigung des täglichen Bedarfes dienen und bei der Auswahl und Gestaltung der Freizeiteinrichtungen zu hören sind. Ihnen sind auch Mietzinsabrechnungen und die dazu gehörigen Belege periodisch vorzulegen. ,

Wie aus solchen Bestimmungen ersichtlich ist, wird versucht, die Rechte der Mieter, soweit dies möglich ist, denen der Wohnungseigentümer anzugleichen. Konsequenterweise hätte man in den Entwurf eine Bestimmung aufnehmen sollen, nach der auf Verlangen eines Mieters die von ihm benutzte Wohnung in sein Eigentum zu übertragen ist. Wie zu diesem

Thema schon einmal ausgeführt wurde, sind in vielen Fällen beim Erwerb einer Mietwohnung die gleichen oder zumindest nicht sehr viel geringere Beträge zu bezahlen als beim Ankauf einer Eigentumswohnung.

Sicher wären viele Mieter bereit, allfällige Differenzbeträge nachzuzahlen, würde man ihnen die Möglichkeit geben, ihre Wohnung im Eigentum zu erwerben. Praktisch wäre dies allerdings nur dann durchführbar, wenn sich zumindest für ein einzelnes Wohnhaus alle Mieter auf den Eigentumserwerb einigen könnten.

Der Vergleich mit dem Wohnungseigentumsrecht zeigt jedenfalls, daß der Wohnungseigentümer nach wie vor rechtlich erheblich besser gestellt ist als der Mieter. Insbesondere kann der Wohnungseigentümer seine Wohnung jederzeit frei verkaufen, er kann von den Vorteilen des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes Gebrauch machen und damit seine Wohnung lastenfrei stellen und sie im Bedarfsfall frei vermieten oder an Angehörige weitergeben. Während sich sein Wohnungsaufwand zumindest langfristig durch den Wegfall der Hypothekarbelastungen reduziert, kann eine gemeinnützige Bauvereinigung bei Mietwohnungen auch nach dem Erlöschen der hypothekarischen Belastungen den gleichen Mietzins einheben wie bisher, auch wenn sie den Differenzbetrag der Instandhaltungsreserve zuführen muß.

Überhaupt hat der Wohnungseigentümer gegenüber der Hausverwaltung ungleich freiere Hand; die Bestellung und die Abberufung des Hausverwalters obliegt der Mehrheit der Wohnungseigentümer, sie kann die Verwaltungstätigkeit weitgehend bestimmen; eine allfallige Hausordnung unterliegt ausschließlich dem Willen der Mehrheit der Eigentümer. Alle diese Gesichtspunkte sprechen dafür, auch noch den letzten Schritt zu tun und die gesetzliche Möglichkeit zu schaffen, daß auch an bereits vorhandenen Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden, Wohnungseigentum erworben werden kann.

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