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Entgegnung auf zwei Einwände

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1. Auch ein langjähriger und zinsenloser Kredit ist und bleibt noch immer ein Darlehen, das zurückgezahlt werden muß. Wenn auch die Bedingungen mit Rücksicht auf die Notwendigkeit der raschen Beseitigung des Kriegsschadens, also eines Elementarereignisses, außerordentlich günstig sind, so stellt ein Wohnhaus-Wiederaufbaudarlehen dennoch kein Geschenk dar. Im übrigen bedeuten günstige Kreditbedingungen vor allem, daß auch die minderbemittelten Bevölkerungskreise davon Gebrauch machen können — ein Vorzug des Finanzierungssystems, für den besonders die Sozialisten Verständnis haben müßten.

2. Mit der Uebertragung des Wohnungseigentums übernimmt der Wohungseiggntümer die volle Mithaftung für die Erhaltung des betreffenden Gebäudes, das also — obwohl es' mit einem öffentlichen Kredit aufgebaut wurde — nicht mehr weiter der öffentlichen Hand zur Last fällt.

Ganz anders ist es beim sogenannten sozialen“ Wohnungsbau einer Gemeinde. Hier erhält ein Mieter das Wöhnrecht — auch er ist nur ein einzelner, der aus Mitteln der Oeffentlichkeit begünstigt wird —, er bezahlt hiefür eine keineswegs kostendeckende Miete, und so fallen nicht nur die Kosten der Errichtung, sondern auch die Kosten der Erhaltung des Gebäudes der öffentlichen Hand zur Last.

Während also beim Wohnungseigentum in Wiederaufbaufällen die Baukosten an die öffentliche Hand zurückgezahlt werden müssen und die Erhaltungskosten den Woh-nungseigentümer belasten, werden beim Gemeindewohnungsbau weder die Baukosten zurückgezahlt noch auch die Erhaltungskosten zur Gänze vom Mieter aufgebracht. Die Frage, welche daher die zweckmäßigere Verwendungsform der öffentlichen Mittel ist, beantwortet sich wohl zugunsten des Wohnungseigentums von selbst.

Auch die Konkurrenz“ zwischen dem Wohnhaus-Wiederaufbau und dem Siedlungswesen, die rein verwaltungsmäßig schon durch die Trennung der beiden Fonds gegeben ist (der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds fällt in das Ressort des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau, der Bundes-Wohn- und Siedlungsfonds in das des Bundesministeriums für soziale Verwaltung), wird von sozialistischer Seite als Argumentation gegen das Wohnungseigentum herangezogen. Der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds kommt für die gesamten Baukosten auf, während der Bundes-Wohn- und -Siedlungsfonds für das Siedlungshaus nur ein Darlehen bis zu höchstens 50 Prozent der Baukosten gewährt, das außerdem innerhalb etwa 69 Jahren mit einer Verzinsung von einem Prozent zurückzuzahlen ist. Es ist also erforderlich, daß ein rund fünfzigprozentiger Anteil der Baukosten aus einer ersten Hypothek und (oder) aus Mitteln des Bauwerbers erbracht werden muß. Das ist sicher ein vollkommen richtiges, wirtschaftlich vernünftiges System. Es ist diese ganz bedeutende Mehrbelastung des Siedlers gegenüber dem Wohnungswerber beim Wohnhaus-Wiederaufbaufonds deshalb gerechtfertigt, weil ein eigenes Haus in der Wertung noch über der eigenen Wohnung liegt und daher auch mit Recht eine eigene Beitragsleistung von dem künftigen Hauseigentümer verlangt werden kann. Aber der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds ist eine Einrichtung, die der Behebung von Kriegsschäden dient, und alle sind sich darüber einig, daß für die Behebung der Kriegsschäden der Staat weitgehend heranzuziehen ist. Außerdem wäre der Wiederaufbau zerstörter Wohnhäuser nahezu unmöglich gewesen, wenn die Hauseigentümer oder auch die Wohnungseigentümer eigene Anteile hätten beisteuern müssen. Nur dem Umstand, daß sich der österreichische Staat zur vollen Kreditierung der Wiederherstellungskosten kriegszerstörter Wohnhäuser unter so günstigen Bedingungen bereiterklärt hat, verdanken wir die rasche Wiederherstellung unserer Städte. Wir sehen ja auch deutlich, daß in anderen Staaten trotz eines umfangreichen und ausgedehnten Bauwesens die Sanierung der Städte deshalb zurückbleibt, weil eben keine so günstigen Kreditmittel hiefür zur Verfügung stehen, sondern der Wohnhaus-W iederaufbau im wesentlichen auf private Mittel angewiesen ist.

Es ist also richtig, daß der Siedler, der sich ein eigenes Haus schaffen will, selbst einen wesentlichen Teil der Kosten tragen muß, und ebenso ist es richtig, daß kriegszerstörter Wohnraum ohne diese unmittelbare Beihilfe der Eigentümer wiederaufgebaut wird, wobei nie übersehen werden darf — was oben schon ausgeführt wurde —, daß es sich auch hier um ein, wenn auch äußerst günstiges Darlehen handelt, das zurückgezahlt werden muß. Wenn nun das System- der vollständigen staatlichen Hilfe für den Wiederaufbau als richtig erkannt wird — und darüber gibt es im übrigen zwischen den beiden Regierungsparteien keine Meinungsdifferenzen —, so ist die Förderung des Wohnungseigentumsrechtes im Zuge des Wiederaufbaues eine zusätzliche, äußerst wünschenswerte Folge dieser Einrichtung.

Der Wiederaufbau kriegszerstörten Wohnraumes wird aber eines Tages beendet sein, und dann ist es selbstverständlich, daß das Wohnungseigentum als eine bleibende Rechtseinrichtung in Oesterreich auch weiterhin gefördert wird. Die bereits beginnenden öffentlichen Diskussionen über ein modernes Wohnbauförderungsgesetz werden dieser Forderung Rechnung tragen müssen. Wir werden künftig nicht nur den Siedlungsbau als Wohnungsneubau durch öffentliche Mittel zu fördern haben, sondern auch den Wohnhausbau in den Städten. Die Wohnbauförderung wird, da sie ja nicht mehr Beseitigung des Kriegsschadens zu sein braucht, die Beteiligung von privaten Geldmitteln ermöglichen, ja verlangen müssen. Dort werden es dann steuerliche Erleichterungen, niedrige Zinssätze, längere Kreditfristen und ähnliches mehr sein, mit denen die Errichtung von Wohnungscigentumshäusern gefördert wird. Auch muß der Verkauf von privatem Hausbesitz in das Wohnungseigentum der bis* herigen Mieter eine Förderung durch ähnliche Maßnahmen erfahren. Es ist z. B. gerade der Verkauf von Miethäusern in das Woh-nungseigentum der Mieter in Form einer Rente eine Institution, die durch völlige Steuerfreiheit besonders gefördert zu werden verdient, und das nicht nur im Interesse der Begründung von Wohnungseigentum, sondern auch im Interesse des privaten Hausbesitzes. Damit würde nämlich der Flaus-besitz seine Funktion als Altersversorgung in beschranktem Umfange wieder einnehmen können, was jetzt, insbesondere durch die hohe Besteuerung einer solchen Veräußerung von Hausbesitz, fast unmöglich ist. ■ Wie immer aber in Zukunft die Förderungsmaßnahmen von Wohnungseigentum aussehen mögen, das eine ist dabei sicher: daß wir das Wohnungseigentum als einen wichtigen Baustein in der politischen Gestaltung Oesterreichs ansehen müssen. Persönliche Sicherheit und Freiheit sowie wirtschaftliche Anlagemöglichkeit der kleinen Leute sind die Folge des Wohnungseigentums und damit aber auch die Grundlage für eine ruhige und konsequente Gestaltung 'der politischen Verhältnisse in Oesterreich.

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