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Motto: „Wer zahlt, hat nichts anzuschaffen..

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Die sozialistische Wohnungspolitik weist in den letzten Jahren eine immer deutlicher werdende gesellschaftspolitische Ausrichtung auf. Dies zeigte sich zuletzt an der Wohnbauförderungsnovelle 1976, durch die der Eigenmittelanteil für Eigenheime und Eigentumswohnungen mt 10 Prozent, für Mietwohnungen dagegen mit 5 Prozent festgelegt wurde. Ein Initiativantrag der ÖVP, den Eigenmittelanteil für die Eigenheime und Eigentumswohnungen ebenfalls mit 5 Prozent’festzusetzen, wurde von den Sozialisten bei den parlamentarischen Verhandlungen im Sommer 1976 abgelehnt.

Dazu kommt die nunmehrige Diskrepanz zwischen der Rechtsstellung eines Wohnungseigentümers und der des Mieters einer Genossenschaftswohnung: Durch das 1975 beschlossene neue Wohnungseigentumsgesetz wurden die Rechte der Wohnungseigentümer sehr wesentlich gestärkt. Im Gegensatz zum alten Wohnungseigentumsgesetz muß ein Wohnungseigentümer nunmehr bei weitem nicht mehr alle ihm vom Verkäufer oktroyierten Vertragsbestimmungen akzeptieren. Alle Fragen der laufenden Instandhaltung des Hauses werden von der Mehrheit bestimmt, nicht aber vom Verwalter des Hauses.

Im Gegensatz dazu ist der Mieter einer Genossenschaftswohnung nach wie vor dem Vermieter mehr oder weniger ausgeliefert. Das bedeutet, daß er bei der Verwaltung des Hauses kaum mitbestimmen kann und auch keine Möglichkeit hat, die Wohnung selbst zu verkaufen. Diese äußerst unbefriedigende Situation ist darauf zurückzuführen, daß ein modernes

Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz trotz zahlreicher Versprechungen des Bautenministers nach wie vor fehlt, obwohl das bisher geltende Gesetz, das als völlig unzulänglich bezeichnet werden muß, aus dem Jahr 1941 stammt.

Diese Rechtlosigkeit des Wohnungsmieters steht einer entsprechenden Machtstellung der gemeinnützigen Wohnbauunternehmungen gegenüber. Dies ist schon insofern eine unhaltbare Situation, als - wie auch bereits statistisch nachgewiesen wurde - für den Erwerb einer Mietwohnung meist die gleichen finanziellen Leistungen erbracht werden müssen wie für den einer Eigentumswohnung,-

Nach einer im Dezember vom Statistischen Zentralamt veröffentlichten Untersuchung betrug der laufende monatliche Wohnungsaufwand für die 1975 fertiggestellten Mietwohnungen 23,95 Schilling je Quadratmeter, für die Eigentumswohnungen 24,21 Schilling je Quadratmeter. Für 94 Prozent der von den gemeinnützigen Bauvereinigungen errichteten Wohnungen, also auch für die Mietwohnungen, wurde ein Baukostenanteil verlangt, für 68 Prozent und somit auch für einen erheblichen Teil der Mietwohnungen wurde ein Grundkostenanteil erhoben.

Aus dieser Situation entsteht der Eindruck, daß keineswegs das Bestreben besteht, bei den immerhin mit öffentlichen Geldern errichteten Wohnungen die Rechtsstellung des Wohnungsinhabers zu stärken, sondern daß auf Kosten des Steuerzahlers Kapital und damit auch Macht bei den gemeinnützigen Wohnbauunternehmen angesammelt werden soll.

Das von der SPÖ seit langem versprochene Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz sollte daher endlich vom Bautenminister vorbereitet und dem Parlament zugeleitet werden; ein wichtiger Schwerpunkt wäre dabei die Stärkung der Rechtsstellung der Genossenschaftsmitglieder. Außerdem sollte das Wohnungseigentum gefördert, aber nicht erschwert werden. Bei der letzten Häuser- und Wohnungszählung im Jahr 1971 wurden von den 2,432.000 Wohnungen immerhin rund 111.000 Eigentumswohnungen gezählt - in den Ballungsgebieten oft die einzig mögliche Form der Eigentumsbildung an Grund und Boden. Die Zahl ist seither weiter stark angestiegen. Zusammen mit den rund 890.000 Eigenheimen gab es immerhin knapp eine Million Haushalte, die das Eigentum als Wohnform gewählt haben.

Würden die Mieter genossenschaftlicher Wohnungen (1971: 180.000 Wohnungen) Eigentümer werden können, so wäre das Eigentum an der Wohnung einem noch viel größerem Personenkreis zugänglich.

Ein weiterer Schritt in die Richtung der Verstaatlichung von Grund und Boden war das 1974 von den Sozialisten beschlossene Bodenbeschaffungsgesetz, das den gemeinnützigen Wohnbauunternehmen wie auch den Gemeinden weitgehende Enteignungsmöglichkeiten an privatem Grund und Boden eingeräumt hat. Das Eintrittsrecht in Kaufverträge über Grundstücke gibt ihnen noch dazu die Möglichkeit, Grundstücke zu horten und in das Grundrecht des freien Liegenschaftsverkehrs einzugreifen.

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