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Wohnbau wird teurer

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In Kürze wird das Bautenministerium einen Gesetzesentwurf zur Begutachtung aussenden, der auf eine Änderung des Wohn-bauförderungsgesetzes 1968 in wesentlichen Punkten abzielt. Von diesen Maßnahmen, die noch im Herbst vom Parlament beraten und mit 1. Jänner 1971 wirksam werden sollen, verspricht sich das Kabinett Kreisky eine jährliche Steigerung der Wohnbauleistung um 5000 Wohnungen.

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In Kürze wird das Bautenministerium einen Gesetzesentwurf zur Begutachtung aussenden, der auf eine Änderung des Wohn-bauförderungsgesetzes 1968 in wesentlichen Punkten abzielt. Von diesen Maßnahmen, die noch im Herbst vom Parlament beraten und mit 1. Jänner 1971 wirksam werden sollen, verspricht sich das Kabinett Kreisky eine jährliche Steigerung der Wohnbauleistung um 5000 Wohnungen.

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Dies ist bekanntlich ein Wahlversprechen der Sozialisten, das Doktor Kreisky in der Regierungserklärung vom 27. April 1970 bekräftigt hat: „Es Sind die Grundlagen der Wohnbauförderung so zu gestalten, daß in Österreich jährlich um 5000 Wohnungen mehr gebaut werden können.“ Demnach soll das Wohnbauvolumen von derzeit 50.000 Wohnungen im Laufe von zehn Jahren bis auf 100.000 Wohnungen pro Jahr gesteigert werden.

Noch liegt zwar der Regierungsent-wurf im vollen Wortlaut nicht vor, doch sind seine wesentlichen Merkmale vor allem durch Erklärungen des zuständigen Ministers inzwischen bekannt geworden. Ausschließlich durch einen stärkeren Aderlaß des Kapitalmarktes soll die propagierte Steigerungsrate von jährlich 5000 Wohnungen erreicht werden.

Denn: „Bei der gegenwärtigen Budgetlage ist an die Zusätzliche Bereitstellung von Budgetmitteln nicht zu denken“, so hört man es zumindest jetzt aus dem Mund von Bautenminister Josef Moser. Diese Haltung ist indessen neu. Im ursprünglichen Konzept der Sozialisten war nämlich ausdrücklich ein „noch festzusetzender Prozentsatz“ solcher zusätzlicher Mittel vorgesehen, und noch vor wenigen Wochen gab sich Mosers unmittelbare Umgebung diesbezüglich sehr optimistisch. „Androsch hat versprochen, daß er etwas gibt“, sagte damals einer der engsten Mitarbeiter des Bautenministers. Daraus wird nun nichts. Denn ohne zusätzliche Budgetmittel das Wohnfoauvolumen ausschließlich mit Hilfe des Kapitalmarktes expandieren zu lassen, bedeutet, daß die erhöhte Leistung auch mit wesentlich höheren Wohnbaukosten zu bezahlen ist. Kapitalmarktmittel kosten schließlich im Jahr mindestens 8,5 Prozent an Zinsen, ein Wert, den die Sozialisten früher stets als zu niedrig in Zweifel gezogen hatten. Diese von der gesamten Volkswirtschaft auf alle Fälle zu verkraftende Teuerung wird von den Sozialisten zunächst auch nicht bestritten, doch kontern sie mit dem Argument, die Wohnaufwandsbelastung für den einzelnen Wohnungswerber trotzdem billiger gestalten zu können als dies gegenwärtig der Fall ist.

Eindeutig politische Züge trägt das geplante Förderungssystem. Ist das geltende Wöhnbauförderungsgesetz 1968 sehr stark auf das Wobmings-eigentum ausgerichtet, so soll nun der Mietwohnungsbau eindeutig bevorzugt werden. Steht es den Bundesländern derzeit frei, Eigentumswohnungen wie Mietwohnungen mit einem staatlichen Förderungsdarlehen bis zu höchstens 60 Prozent der Baukosten zu unterstützen, so soll nun dieser Anteil generell gesenkt und zwischen Eigentumswohnungen und Mietwohnungen unterschieden werden.

Werden diese Pläne Wirklichkeit, dann bedeutet dies das Ende der gleichartigen Behandlung aller derzeit üblichen Wohnbauformen, um die man sich bei der Schaffung des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 erfolgreich bemühte. Namhafte Wohnbauexperten befürchten, daß die Pläne des Bauten-ministeriums statt einer Steigerung der Wohnbauleistung das Gegenteil zur Folge haben könnten. An den für 1970 beispielsweise prognostizierten Wohnbauinvestitionen von insgesamt 18,2 Milliarden Schilling ist die staatliche Wohrubauförderung nämlich nur mit 5,5 Milliarden Schilling beteiligt, während allein die Bausparkassen mit gleichfalls 5,5 Milliarden und die Länder mit 2,4 Milliarden dazu ganz entscheidend beitragen. Die auf das Gesamtvolumen fehlenden Beträge rekrutieren sich aus Eigenmitteln, Leistungen der Gemeinden, dem Werk-wohnungsbau usw. Verschärft nun der Staat die Konditionen für den Eigenheimbau einseitig, so könnte dies nach Meinung der Experten auf dem Bausparsektor derzeit noch nicht varbestimimbare, negative Auswirkungen zeitigen.

Die Herabsetzung des Förderungsrahmens von 60 Prozent auf 45 beziehungsweise 40 Prozent dürfte zudem die auf ihre Rechte eifersüchtig bedachten Bundesländer auf den Plan rufen. Die Festlegung der staatlichen Förderung hat das Wöhnbauförderungsgesetz 1968 nämlich den mit der Durchführung beauftragten Ländern übertragen, ein Recht, das ihnen nun wieder streitig gemacht werden soll.

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