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Für Eigentümer teurer
Am 31. Oktober ist im Bautenministerium Einsendeschluß für die Stellungnahmen zu einem Gesetzesentwurf, mit dem das Wohnbauförderungsgesetz im sozialistischen Sinn geändert werden soll.
Am 31. Oktober ist im Bautenministerium Einsendeschluß für die Stellungnahmen zu einem Gesetzesentwurf, mit dem das Wohnbauförderungsgesetz im sozialistischen Sinn geändert werden soll.
Im Wahlkampf wurde als erklärte Zielvorstellung der Öffentlichkeit eine jährliche Steigerung der Wohn-bauleistung um jeweils 5000 Wohnungen und gleichzeitig eine beachtliche Senkung der Kosten für einzelne Wohnungswerber präsentiert. Beides kostet sehr viel Geld. Die Sozialisten haben nun keineswegs vor, diese Mittel etwa durch einen kräftigen Griff in die Tasche des Finanzministers aufzutreiben. Die Zeche sollen vielmehr die Banken und die Kreditinstitute bezahlen. Diese verstärkte Inanspruchnahme des Kapitalmarktes hat allerdings schon besorgte Stimmen laut werden lassen, daß die Verwirklichung dieses Planes die Investitionschancen der Wirtschaft arg beeinträchtigen könnte. Überdies würde ein höherer Anteil des Kapitalmarktes an der Gesamtfinanzierung zu einer generellen Verteuerung des Wohnbaues führen. Dieses System müßte also zwangsläufig die inflationistischen Tendenzen verstärken.
Auch die Sozialisten wissen natürlich, daß sich ein teureres Wohnen politisch schlecht verkaufen ließe. Wer heute eine Wohnung sucht, dem ist es zunächst gleichgültig, ob im Jahr 50.000 oder 55.000 Wohnungen gebaut werden.
Um diesen Vorstellungen trotz genereller Verteuerung des Wohn-bäues möglichst nahe zu kommen, verfielen die Sozialisten auf die Idee, die sich aus den höheren Zinsen des Kapitalmarktdarlehens ergebenden Belastungen durch Zinszuschüsse zu senken. Eine weitere Verbdlligung soll erreicht werden, indem man auf die Dauer der Laufzeit des Kapitalmarktdarlehens — höchstens auf 25 Jahre — außerdem noch auf die Rückzahlung des öffentlichen Darlehens verzichtet. Die für solche Aktionen erforderlichen Mittel wären allerdings beachtlich und würden Jahr für Jahr progressiv steigen. Damit geraten die Sozialisten freilich in einen Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gibt. Die zusätzlichen Mittel, die sie sich zunächst für einen verstärkten Wohnbau vom Kapitalmarkt holen, gehen nämlich auf der anderen Seite bei den Stüit-zungsmaßnahmen wieder verloren. Dieser Effekt würde allerdings erst zwei Jahre nach der Umstellung auf das neue System allmählich immer stärker wirksam werden, weil die Stützungen erst nach Fertigstellung der ersten nach diesen Richtlinien geschaffenen Wohnungen anfielen. Diese Verschiebung um zwei Jahre erklärt sich aus der Tatsache, daß heute im Durchschnitt vom Baubeginn bis zur Fertigstellung eines Wohnhauses zwei Jahre vergehen. Ein gewisser Anfangserfolg dürfte sich also einstellen. Allerdings würde das dicke Ende rasch nachfolgen. Experten haben errechnet, daß bereits im fünften Jahr der Stützungen ein Betrag von einer Milliarde Schilling nur für diesen Zweck verwendet werden müßte; das ist ein Viertel der öffentlichen Mittel, die heute dem Wohnbau zur
Verfügung stehen. Demnach ist dei Zeitpunkt durchaus vorhersehbar, zu dem der gesamte Wohnbau zum Erliegen kommen müßte, weil die gesamten verfügbaren Wohnbaumit-ted des Staates dann nur noch zui Abdeckung der Stützungen herangezogen werden müßten. Der sozialistische Abänderungsentwurf zum Wohnbauförderungsgeseta
1968 begünstigt eindeutig den Bau von Mietwohnungen. Das Ziel ist klar erkennbar, den Bau von Eigenheimen und Eigentumswohnungen durch massive Schlechterstellung bei der Förderung zumindest zurückdrängen zu wollen. Die Eigenmittel hätten bei Mietwohnungen zehn Prozent, bei Eigenheimen und Eigentumswohnungen hingegen zwanzig Prozent zu betragen. Es ergibt sich für Mietwohnungen ein Kapitalmarkterfordernis von 45 Prozent und für Eigenheime und Eigentumswohnungen ein solches von 40 Prozent
Die Schlechterstellung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen kommt überdies bei den bereits erwähnten Zinsenstützungen für die Abstattung des Kapitaldarlehens gleichfalls deutlich zum Ausdruck. Die Kanalisierung der Wohnbauförderung in Richtung auf den Mlet-wohnungsbau ist indessen ein soziales Unrecht.
Die Wohnbauförderung ist ihrem Wesen nach ein günstiges Darlehenssystem. Daher müssen die Wohnungswerber — Wehn auch unter recht günstigen Voraussetzungen — dennoch die gesamten Ko sten für den Bau der Wohnunj tragen. Unter diesen Umständen is es aber nicht einzusehen, weshall man ihnen verwehren - soll, auch dii Eigentumsrechte an den von ihn« bezahlten Wohnungen erwerben zi können.
In Anerkennung dieses moralischei Anspruches wurde das Wohnbau förderungsgesetz 1968 seinerzei auch zum überwiegenden Teil au die Förderung von Eigenheimen un<
Eigentumswohnungen ausgerichtet. Der Eigentumsgedanke hat aber auch den Vorteil, daß er die Ent-politisierung des Wohnungswesens begünstigt, weil der Eigentümer eines Eigenheimes oder einer Eigentumswohnung nicht mehr von der Gunst des heute zumeist anonymen Hausherren abhängig ist. Schließlich ist der private Wohnbau seit Jahrzehnten nicht mehr existent, so daß auf dem Neubausektor längst die Gemeinden und einzelne Baugenossenschaften die Hausherrnfunktion inne haben. Es ist kein Zufall, daß die Gemeinde Wien heute der größte Hausherr in der Bundeshauptstadt ist, auch wenn es die sozialistisch dominierte Stadtverwaltung nicht sehr gerne hört. Ob die Wohnungssuchenden wirklich wollen, daß der mit ihrem sauer ersparten Geld geschaffene Wohnraum zum politischen Faustpfand gemacht wird?
In aller Freundschaft sei es gesagt: sicherlich nicht!
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