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Althaussanierung, die nur wenig kostet

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Obwohl Jahr für Jahr Milliardenbeträge in den Wohnungsneubau gepumpt werden, bessert sich die Situation keineswegs im gtwünschten Tempo. In den letzten beiden Jahren wurde in Österreich zwar die alte Traumgrenze von jährlich 50.000 neuen Wohnungen überschritten, dennoch ist der Mangel vor allem in den Städten nach wie vor drückend. Eine der Hauptursachen dieser Misere liegt zweifellos in der sträflichen Vernachlässigung des Altbestandes. Und so ergibt sich das paradoxe Bild, daß auf der einen Seite mit erstaunlicher Energie und hohem finanziellem Einsatz immer mehr neue Wohnungen aus dem Boden schießen, während man auf der anderen Seite tatenlos zusieht, wie zur selben Zeit Tausende von Altwohnungen mangels baulicher Betreuung verfallen. Es sind dies keineswegs nur jene üblen Zinskasernen, bei denen jede weitere Investition verlorener Aufwand wäre, sondern vielfach Häuser, die mit geringen Kosten dem modernen Standard angepaßt werden könnten.

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Obwohl Jahr für Jahr Milliardenbeträge in den Wohnungsneubau gepumpt werden, bessert sich die Situation keineswegs im gtwünschten Tempo. In den letzten beiden Jahren wurde in Österreich zwar die alte Traumgrenze von jährlich 50.000 neuen Wohnungen überschritten, dennoch ist der Mangel vor allem in den Städten nach wie vor drückend. Eine der Hauptursachen dieser Misere liegt zweifellos in der sträflichen Vernachlässigung des Altbestandes. Und so ergibt sich das paradoxe Bild, daß auf der einen Seite mit erstaunlicher Energie und hohem finanziellem Einsatz immer mehr neue Wohnungen aus dem Boden schießen, während man auf der anderen Seite tatenlos zusieht, wie zur selben Zeit Tausende von Altwohnungen mangels baulicher Betreuung verfallen. Es sind dies keineswegs nur jene üblen Zinskasernen, bei denen jede weitere Investition verlorener Aufwand wäre, sondern vielfach Häuser, die mit geringen Kosten dem modernen Standard angepaßt werden könnten.

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Schon längst haben Experten erkannt, daß sich das Wohnungsproblem nur dann lösen läßt, wenn parallel zum Neubau auch für die Erhaltung des Altbestandes zielführende Maßnahmen ergriffen werden. Derartige Mahnungen stießen leider bislang auf taube Ohren. Während das Wohnbauförderungsgesetz 1968 den Neubau auf eine sinnvolle, moderne Basis stellte, führte das Mietrechtsänderungisgesetz zwar zu einer spürbar höheren Mobilität des Wohnungsmarktes, das Kernproblem des Altbestandes — nämlich seine Sicherung — brachte es indessen nicht. Dies soll sich nun grundlegend ändern. In aller Stille hat Bautenminister Dr. Kotzina eine verblüffend einfache und kostensparende Methode entwickelt, wie die Wohnsubstanz der Althäuser entscheidend verbessert werden könnte. Regierungsintern wird dieser Plan, der inzwischen in einen Erstentwurf zu einem Wohnungs-erneuerungsgesetz gegossen worden ist, bereits intensiv beraten. Im Rahmen eines Zehnjattirespro-gramms, das noch heuer anlaufen soll, will man nach diesen Vorstelhingen etwa 600 Millionen Schilling als Initialzündung für diesen Zweck mobilisieren. Die Grundidee besteht darin, Hauseigentümern, aber auch Mietern die Aufnahme von Instandsetzungskrediten durch Übernahme eines Großteils der Kreditkosten — vorerst ist von 40 Prozent die Red — zu erleichtern.

Mit einem Betrag von 60 Millionen Schilling könnte auf diese Weise in den Jahren 1969 und 1970 ein Bauvolumen von einer Milliarde Schilling mobilisiert werden. Das bedeutet, daß mit einem relativ winzigen Betrag eine gewafltige Umbautätig-keit einsetzen könnte, die auch für die Bauwirtschaft beschäftigungspolitisch bedeutsam wäre. Die Mittel der geplanten Zinsenstützung, sollen zu zwei Drittel vom Bund und zu einem Drittel von den Bundesländern aufgebracht werden. Dabei würde sich der Anteil des Bundes zu gleichen Teilen aus Budgetmitteln und den Rückflüssen des früheren Wohnhaus-Wiederaufbaufonds zusammensetzen, der heute bereits über respektable Einnahmen aus den

Rückzahlungen der in den vergangenen Jahrzehnten gewährten Baudarlehen verfügt.

Im Gegensatz zu den bisherigen Instandsetzungen nach dem berüch-tigen Paragraiph 7 des Mietengesetzes würden die Mittel des Woh-nungsemeuerungsgesetzes ausschließlich zur besseren Ausstattung der Wohnungen selbst verwendet werden. Vor allem der Wohnkomfort soll also gehoben werden, sei es durch Installation von Wasserleitungen oder durch Einbau von Badezimmern, sanitären Anlagen, Heizungen und ähnlichem mehr. Ermöglicht soll schließlich auch die Verbesserung des Grundrisses lter Wohnungen, durch Umgestaltung der räumlichen Anordnung oder durch Zusammenlegung von Kleinstwohnungen zu modern tauglichen Einheiten werden.

Der faszinierende Plan des Bautenministers weckt nicht nur bei den Mietern von Altwohnungen die längst begrabene Hoffnung, doch noch zu einer tauglichen Ausstattung des Heimes zu kommen, sondern könnte auch die erschütterte Existenz zahlloser kleiner Baubetriebe wieder festigen. Das ist für diesen Wirtschaftszweig deshalb von besonderer Bedeutung, weil unter den rund 3500 Unternehmungen des österreichischen Bauwesens gerade die kleineren Betriebe dominieren. Diese Kleinbetriebe sind es auch, die der Bauinnung heute die größten Sorgen bereiten. Denn aus ihrem Kreis rekrutieren sich die Konkurse, über deren Zunahme in den letzten Jahren immer stärker geklagt worden ist. Die Meineren Bauunternehmen befinden sich auch tatsächlich in einer fatalen Situation, weil sie zumeist an den entscheidenden, konjunkturpolitischen Maßnahmen der öffentlichen Hand kaum partizipieren können. Sie sind nämlich kapazitätsmäßig nicht in der Lage, bedeutendere Aufträge zu übernehmen, wagen sie sich aber doch einmal auch an ein größeres Projekt heran, so scheitern sie häufig an der schwachen eigenen Kapitaldecke und an. den mitunter beträchtlichen Investitionen, die für solche Vorhaiben notwendig sind.

Baumaßnahmen, wie sie nun durch das geplante Wohnungserneuerungs-gesetz ausgelöst werden könnten, hätten gerade jene Größenordnung, die der Kapazität der Kleinunier-nehmen entsprechen. Für die Großunternehmen sind solche Vorhaben naturgemäß weniger interessant, so daß die schwächeren Firmen eine übermächtige Konkurrenz auf diesem Sektor kaum zu fürchten haben. Eine Belebung des Instandsetzungssektors würde aber gleichzeitig auch zu einer Anregung des Winterbaues führen, der das größte Sorgenkind der Branche ist. Die Instandsetzung von Wohnungen gehört nämlich ohne Zweifel zu jenem schmalen Bereich, wo auch während der Wintermonate durchgearbeitet werden kann.

Wird das Wohnungserneuerungs-gesetz Wirklichkeit, dann könnten nicht nur breite Bevölkerungskreise einen modernen Wohnungsstandard erreichen, auch Tausende von Bauarbeitern brauchten dann im Winter nicht mehr arbeitslos zu sein. Es ist daher zu hoffen, daß diese Initiative möglichst bald Wirklichkeit wird, zumal sie kaum mehr als das berühmte „Butterbrot“ kostet.

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