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Zur freien Vereinbarung bei der Neuvermietung

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Die im Mietrechtsänderungsgesetz vorgesehene freie Vereinbarung des Mietzinses bei der Neuvermietung bringt sicher eine größere Zahl heute leerstehender Wohnungen wieder auf den Markt; ökonomisch gesehen ist sie daher wohl berechtigt. Nach der sozialen Seite hin sollte man zumindest aber versuchen, eine unzumutbare Belastung von Mietern, wie sie vor allem durch einen örtlich besonders starken Wohnungsmangel entstehen kann, zu verhindern. In Frage käme wohl die Einführung entsprechender Strafbestimmungen im Sinne des Preistreibereigesetzes, durch die eine Ausnützung dieser Zwangslage verhindert würde. Man könnte auch vorsehen, daß eine Anfechtung eines solchen Mietver-

träges wegen „Verkürzung unter die Hälfte“ grundsätzlich möglich wäre und nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden könnte.

Im übrigen steht außer Zweifel, daß die vorgesehene freie Vereinbarung bei der Neuvermietung zu einer weiteren und noch stärkeren ungleichen Belastung der Mieter führen wird und daß daher diese Bestimmung nur als eine der ersten Maßnahmen zur Auflockerung der Mietengesetzgebung angesehen werden kann. Eine zukunftweisende Wohnungspolitik wird dafür Sorge tragen müssen, daß eine allmähliche Angleichung der tatsächlichen Belastungen erfolgt. Sonst entstünden zwei Klassen von Mietern; Altmieter und Neumieter, Privilegierte und vom Gesetz Schlechtergestellte — ein Zustand, der nur als Übergangslösung vertretbar erscheint. Man müßte auch vorsehen, diese Wohnungsinhaber mit erhöhten Mieten bei zukünftigen weiteren Mietenerhöhlungen nach 7 Mietengesetz (Reparaturen) nicht noch weiter zu belasten, sondern ihnen die bisherige Mietenerhöhung anzurechnen.

Die vorgesehene Auflockerung des Kündigungsschutzes geht vom Grundsatz aus, daß der Kündigungsschutz in Hinkunft nur dem Mieter gewährt werden soll, der ein echtes schutzwürdiges Interesse aufzuweisen hat. Ein Kündigungsgrund liegt auch dann vor, wenn die nicht weitervermieteten Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der mach seinem Tod eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden. Solche Kündigungsgründe erscheinen auch sozial gerechtfertigt.

Die Bestimmungen des 23 Abs. 1, wonach bis zu fünf Jahre befristete Mietverträge über Wohnungen in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen und über Wohnungen, an denen Wohnungseigentum begründet wurde, abgeschlossen werden können, ist wohl geeignet, weitere heute zweckwidrig genutzte oder leerstehende Wohnungen den Wohnungssuchenden zur Verfügung zu stellen. Es müßte jedoch vermieden werden, daß in diesen Bestandsobjekten nur mehr befristete Mietverträge abgeschlossen werden. Es sollte daher vorgesehen werden, daß ein solcher befristeter Mietvertrag nur einmal zwischen den gleichen Vertragspartnern abgeschlossen werden kann.

In der Frage der Erhöhung der Mieten für Geschäftslokale ist zu prüfen, wieweit für Kleingewerbetreibende daraus nicht eine zu starke Belastung erwächst bzw. ob diese Belastung nioht in einem längeren Zeitraum als dem vorgesehenen erfolgen sollte. Die Verdoppelung des Hauptmietzinses ab 1. Jänner 1968 und seine Verdreifachung ein Jahr später müßte wohl für viele Einzelhändler und Handwerker gewisse Übergangsschwierigkeiten mit sich bringen. Es wird auch zu prüfen sein, ob es unumgänglich notwendig ist, die Auslagen für die Verwaltung des Hauses mit S 5.— je m* der Nutzfläche der Wohnung in Anrechnung zu bringen. Auch wenn man die bisher dafür vorgesehenen 10 Groschen pro Friedenskrone als nicht ausreichend ansieht, bleibt die Frage offen, ob eine derartig starke Erhöhung der Verwaltungskosten gerechtfertigt ist oder ob nicht etwa mit der Hälfte der vorgesehenen Erhöhung das Auslangen gefunden werden könnte.

Zum Wohnbauförderungsgesetz 1968 wäre insbesondere zu bemerken, daß dafür Sorge getragen werden muß, daß endlich mehr größere und familiengerechte Wohnungen gebaut werden. Aus der Häuser- und Wohnungszählung 1960 ergibt sich, daß 60% der Wohnungen auf 1- und 2-Zimmer-Wohnungen entfallen. Die zunehmende Zahl von Familien mit mehreren Kindern läßt den Bedarf an familiengerechten Wohnungen erheblich ansteigen. Ein weiteres Anliegen besteht darin, ziu einem Mindeststandard in der Ausstattung der Wohnungen zu kommen, der dem heute in Westeuropa üblichen Standard entspricht. In diesem Sinne wäre insbesondere die Bestimmung des 2 Abs. 7 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 zu überprüfen.

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