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Wohnwirtschaft und Wohnbau-förderung

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Der W o h n u n g s m a-r k t, mit dem sich die Autoren der vorliegenden Schrift beschäftigen, ist kein Markt im üblichen Sinn, auf dem etwa die Preise nachhaltig von den Selbstkosten bzw. vom Wiederbeschaffungspreis beeinflußt werden. Das zeigt sich u. a. darin, daß die Aufwendungen für die Wohnungsmiete in Oesterreich. nur 2,9% der gesamten Lebenshaltungskosten ausmachea (49 S) und daß 53% der Hauptmietzinse in Wien 50 S je Monat und weniger1 betragen. Anderseits müssen die Herstellungskosten einer Wohnung im Durchschnitt mit 100.000 S angenommen werden, was bei einer Lebensdauer von, 50. Jahren allein eine jährliche Amortisatiönsquote von 2000 S erforderlich macht. "

Die F big e n der Aufhebung der Wirksamkeit der elementaren ökonomischen Gesetzlichkeiten auf dem Wohnungsmarkt sindr weitreichend.

Vor allem fehlt weitab der (Anreiz fijr das „Kapital“, Miethäuser zu bauen. Kommerziell gesehen ist jede Investition nur so viel wert, als sie dem Investierenden an Ertrag einzubringen verspricht Nun ist es so,, daß der Ertrag aus Mietwohnungen dem Hauseigen- “ tümer weder einen „bürgerlichen“ noch einen angemessenen Gewinn bringt, ja ihm nicht einmal die Wiedereinbringung der eingesetzten Eigenmittel (also die Amortisation) sichert. Da es vom kommerziellen Standpunkt aus widersinnig wäre, für ‘ andere zu bauen und die Wohnungen gegen Verlustpreise abzugeben, wird bestenfalls für eigene Wohnzwecke der „Kapitalisten“ gebaut.

Die zu tief angesetzten Mietzinse sind aber auch die Ursache dafür, daß die vorhandenen Wohnungen nicht ausreichend; saniert werden-: können und das Wohnungs lend sich vor allem in hygienischen Mängeln zeigt. Dem Hauseigentümer bleibt von dem, was man so sinnigerweise das „Zinserträgnis“ nennt, eine 10%ige Quote für die Verwaltung, wenn nicht auch diese von Fremden besorgt wird, und weiter die Chance, in Erinnerung an alte Zeiten, als’-„Kapitalist“ für eine Reihe von Wahlkämpfen klassisches und stets wirksames Angriffsziel zu bilden.

Diejenigen Mieter, die besonders billige Mietzinse zahlen, das ist ein Drittel der Bevölkerung, haben sich nun allmählich an die ihnen von den Hauseigentümern gewährten indirekten Subventionen gewöhnt und ihren Konsum wie ihre ganze Häushaltorganisation darauf eingestellt. Und das ist nun, vom Volkswirtschaftlichen her gesehen, tragisch. Würde doch ein Nächziehen der Mieten zu durchgreifenden Wandlungen im gesamtöster-1 reichischen Konsum führen. Dadurch ist eine Valorisierung der Mieten heute,. , vqr allem aus politischen Gründen, erschwert.

Da die Mieter, vielfach begünstigt durch die Gesetzgebung, bereits in einem gewissen Umfang Eigentümer ¿ihrer“ Wohnung sind, haben audr diejenigen unter den Mietern, die es sich leisten könnten, zu bauen, kein Interesse, ihr Geld, wie es ihnen scheint, unriütz auszttgeben.- Daher die Flucht in den Luxuskonsum, in die Limousine, irr das Cämping- zelt und wie die modernen beweglichen Wohnmöglidlkeiten alle heißen. _ , , ,

.. Die Konsequenz.. aus. den geschilderten Tatbeständen ist, daß der Zuwachs an Wohnungen nur zum Teil dem Bedarf entspricht. -Da nun das Wohnungsproblem bleibt, betrachten es die Autoren- der Schrift, hervorragende Fachleute auf ihrem Gebiet, als ihre Pflicht, die-Verantwortlichen auf die’ Möglichkeiten einer Abhilfe hinzuweisen.

‘ Lösung des Problems bedeutet den Verfassern im Wesen zweierlei: Neuregelung der Mieten und Aufbringung zusätzlicher Mittel für die Schaffung heuen Wöhnraumes.

Was die Mieten betrifft, sind die Verfasser der Meinung, daß diese sich nicht nach dem Einkommen, sondern, wie jeder Preis, nach der Kaufkraft der Kaufwerber zu richten haben. Zu diesen von-den Thesen der klassischen Nationalökonomie hergeleiteten formal richtigen Ansichten ist einiges zu .sagen: .

So lange der Lebensstandard in Oesterreich so ist Wie heute, werden die Mieten zum Teil so etwas wie soziale Preise sein, das heißt Preise, bei deren Fixierung man Unter die Selbstkosten gehen muß. Daß die Wohnungsbeihilfe alles andere denn eine wirksame Beihilfe für die Bedürftigen war, steht zweifelsfrei fest. Es käme- daher nur eine allgemeine Lohnerhöhung in Betracht, die aufzufangen

1 J. Peßl und R. Ulrich, „Wohnwirtschaft und WohribaufÖrderung in Oesterreich". 52 Seiten, Oesterreichischer Gewerbeverlag.1

1 L. Fischer, „Probleme der Mietwirtschaft“, ln: „Wiener Börsenkurier" vom 22. Mai 1954.

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