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Vor Renaissance des Eigentums?

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Mit einer Wohnbauleistung von nicht einmal ganz sieben Wohnungen auf 1000 Einwohner liegt Österreich am unteren Ende der internationalen Statistik. Das ist vom SPÖ-Ver-sprechen des Jahres 1970 geblieben, jährlich 5000 Wohnungen mehr zu bauen. Daher - und weil Wohnungen heute für viele junge Menschen fast schon unerschwinglich sind -sucht die Regierungspartei nach einer Notlösung: „billige" Startwohnungen für junge Ehepaare. Demgegenüber verspricht die Volkspartei eine grundsätzlichere Lösung: Wohnraum schaffen und Eigentum bilden.

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Mit einer Wohnbauleistung von nicht einmal ganz sieben Wohnungen auf 1000 Einwohner liegt Österreich am unteren Ende der internationalen Statistik. Das ist vom SPÖ-Ver-sprechen des Jahres 1970 geblieben, jährlich 5000 Wohnungen mehr zu bauen. Daher - und weil Wohnungen heute für viele junge Menschen fast schon unerschwinglich sind -sucht die Regierungspartei nach einer Notlösung: „billige" Startwohnungen für junge Ehepaare. Demgegenüber verspricht die Volkspartei eine grundsätzlichere Lösung: Wohnraum schaffen und Eigentum bilden.

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Bauten-Staatssekretärin Beatrix Eypeltauer, die sich um die in der Regierungserklärung im Juni 1979 versprochenen Startwohnungen angenommen hat, weiß allerdings auch ein Dreivierteljahr nach dem Startschuß noch keine Lösung: Für die „Sofortmaßnahme" fehlt das Geld. Und dieses angesichts der angespannten Budgetsituation aufzubringen, scheint kurzfristig aussichtslos, wenn man sich vor Augen hält, daß sogar Bautenminister Karl Sekanina mit seinen Budgetwünschen bei der Regierungsklausur im Jänner abgeblitzt ist.

Geschehen muß aber etwas. „Wenn die Statistik stimmt", umreißt Sekanina das Problem, „gibt es bei uns noch immer einen Bedarf von 340.000 guten Wohnungen. Es muß möglich werden, trotz der ständigen Erhöhung der Bodenpreise und der Baukosten billiger, schneller, rationeller und flexibler eine gute Wohnung in Österreich zu erwerben."

Was den Bedarf betrifft, teilt ÖVP-Bautensprecher Otto Keimel die Einschätzung des Ministers. Allerdings verweist er auch auf Bedürfnisse der Bevölkerung: „Über 70 Prozent wünschen sich nicht irgendeine Wohnung, sondern eigene vier Wände, also eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim." Aber nur 32 Prozent konnten sich bisher diesen Wunsch auch erfüllen.

Eine Arbeitsgruppe hat sich daher unter Keimeis Vorsitz den Kopf zerbrochen, wie Bedarf und Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen wären. Das Ergebnis passierte jetzt auch bereits den ÖVP-Parteivorstand: Die Richtlinien für ein erstes Eigentumsbildungsgesetz waren so ziemlich die erste Entscheidung, die dieses Gremium in neuer Zusammensetzung getroffen hat.

„Das soll ein echter Impuls zur Eigentumsbildung im Bereich des Wohnbaus sein", erhofft sich ÖVP-Parteiobmann Alois Mock von den angepeilten drei Schwerpunkten.

Schwerpunkt Nummer eins: Für Eigentum an Wohnraum soll verfassungsrechtlich eine Art „Meistbegünstigungsklausel" verankert werden, damit das Wohnungseigentum nicht wie derzeit gegenüber anderen Wohnformen benachteiligt wird. Nicht nur die Schaffung und Errichtung, sondern auch der Erwerb von bestehendem Wohnraum soll begünstigt werden.

Schwerpunkt Nummer zwei zielt auf den Abbau der steuerrechtlichen Benachteiligungen sowie auf eine Gleichstellung von Eigentums- mit Mietwohnungen im Bereich der Wohnbauförderung ab. Heute muß zum Beispiel ein Wohnungswerber, um die Wohnbauförderung in Anspruch nehmen zu können, für Miet-und Genossenschaftswohnungen nur fünf Prozent Eigenbeitrag zu den Gesamtbaukosten aufbringen, während für Eigentumswohnungen und Eigenheime zehn Prozent verlangt werden. Zudem will die ÖVP in diesem Bereich die Finanzierungsmöglichkeiten verbessern, wobei die beispielsweise in Oberösterreich gewährte Wohnstarthilfe als „Eigentumsstarthilfe" bundesweit Karriere machen soll.

Schwerpunkt Nummer drei sieht einen Rechtsanspruch auf die Uber-tragung geförderter Mietwohnungen, die derzeit im Eigentum von Gemeinden und gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen stehen, in das Eigentum der Mieter vor. Auch hier könnten steuerrechtliche Verbesserungen Anreize zur Eigentumsbildung darstellen.

Keimel glaubt jedenfalls, daß mit diesem Eigentumsbildungsgesetz auch ein anderes Problem angegangen werden könnte: Weil Anreize zur Weitergabe fehlen, stehen heute über 100.000 Mietwohnungen leer. Sicher ist er zudem, daß es ohne neue Impulse für das Wohneigentum unmöglich ist, den Investitions- und Wohnraumbedarf zu decken: die Renaissance des Eigentums als Ausweg aus der Wohnbaukrise.

Ihre Zielvorstellungen will die Volkspartei noch vor dem Sommer in Form eines ausgefeilten parlamentarischen Entschließungsantrages zusammenfassen. Mit einer legistischen Vorlage fühlt sich die Opposition überfordert, handelt es sich doch um die Änderung einer Vielzahl von Gesetzen, wobei sich der Bogen von der Wohnbauförderung bis hin zur Grunderwerbs- und Einkommensteuer spannt.

Unabhängig von den derzeit noch nicht absehbaren Reaktionen der Regierungspartei will Mock den eingeschlagenen Weg weitergehen. Dem ersten soll bald schon ein zweites Eigentumsbildungsgesetz folgen. Als Stichwort nennt er dazu den Bereich Betriebssparen;

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