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FILM
Kurz nach Franz Antels „Casanova & Co.” kommt nun doch sehr bald „Fellinis Casanova” zu uns. Wie der deutsche Titel andeutet, hat der italienische Meisterregisseur eine sehr persönliche Deutung der Persönlichkeit jenes Mannes versucht, der im Bewußtsein breiter Schichten nur als Inbegriff des Frauenhelden lebt.
Giovanni Giacomo Casanova (1725-1798), einer venezianischen Künstlerfamilie entstammend, war aber darüber hinaus ein hochgebildeter Mann, der sechs Sprachen beherrschte und auch in einigen Zweigen der Naturwissenschaften sehr bewandert war. Daneben versuchte er sich auch häufig als Schriftsteller, wurde in dieser Eigenschaft aber nur durch seine Memoiren bekannt. Von einem Inquisitionsgericht als noch junger Mann zu Kerkerhaft in den Bleikammern von Venedig verurteilt, kann er bald von dort fliehen und reist in den folgenden Jahrzehnten durch fast ganz Europa, wobei es zu Begegnungen mit etlichen Monarchen der damaligen Zeit kommt. Bis in seine alten Tage in Skandale verwickelt, stirbt er als Bibliothekar des Grafen Waldstein in der böhmischen Stadt Dux.
Fellini zeichnet in einem verfremdenden Stil, in dem er an die Stelle natürlicher Schauplätze stets Kulissen setzt, einige Stationen dieses bewegten Lebens nach. Er zeigt sich hiebei mehr der wenig bekannten Historie als der oberflächlichen Legende verpflichtet. Die Verfremdung geht bei ihm allerdings so weit, daß er den kultivierten Sinnesmenschen meist in eine Umwelt abartiger Häßlichkeit stellt, in der lemurenhafte Gestalten die Filmszene beherrschen. Selbst die Frauen, die Casanova umgeben, entbehren mit ganz wenigen Ausnahmen jener Reize, die eine intime oder gar leidenschaftliche Beziehung zu ihnen verständlich machen würden.
Man begreift dies auch dann nicht ganz, wenn man Fellinis Äußerung „Casanova ist eine lächerliche, allenfalls tragikomische Figur. Ich will ihn entlarven” Glauben schenken darf. Sicher ist es verdienstvoll, das Klischee eines Erotomanen zu demontieren und ihn in seiner menschlichen Schwäche darzustellen. Aber Fellinis Casanova vermittelt eher das Porträt eines sexuellen Schwerarbeiters, der am Liebesspiel keine Lust und Freude empfindet. Das dürfte aber wohl kaum der historischen Wahrheit entsprechen.
Der Stil des Italieners ist natürlich nicht auf billigen Sexfilm für die Masse abgestimmt. Aber in einigen Einstellungen zeigt er doch eine vulgäre Geschmacklosigkeit, die bei einem Künstler seines Ranges überrascht und verstimmt. Überhaupt läßt Fellini diesmal jene künstlerische Ökonomie vermissen, die viele seiner früheren Filme so ausgezeichnet hat. Sicher gibt es einige faszinierende, ja visionäre Bildkompositionen, wie man sie zuletzt in „Roma” und „Amarcord” so bewundern konnte. Aber dort waren sie noch in einen Kontext des Milieus dieses Zeitkolorits eingebettet, während sie diesmal eher isoliert erscheinen. Der bombastische Aufwand belastet und erdrückt den Film geradezu, die ungezügelte barocke Phantasie Fellinis führt- vor allem im ersten Teil- zu erheblichen Längen und manchmal sogar zu lähmender Langeweüe des Zweieinhalbstun- den-Spektakels. Auch die deutsche Synchronfassung steht nicht auf jener Höhe, die man selbst einem schwächeren Fellini-Film wünschen würde.
Die Hauptrolle ist mit dem vor allem durch die beiden „1900”-Filme bekannt gewordenen Kanadier Donald Sutherland interessant besetzt. Sein differenziertes Spiel erschließt der Figur Casanovas immerhin einige Tiefenschichten. Sein eigenwilliger Typ mag vielleicht einige, aber nicht alle Absonderlichkeiten des Streifens erklären, wurde allerdings von Fellini eben deshalb mit Vorbedacht eingesetzt.
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