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Widerstand gegen die Allmachtsphantasien

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Einen gemeinsamen Protestantismus gegen die Allmachtsphantasien der Globalisierung fordert der evangelische Theologe Geiko Müller-Fahrenholz am Ende der Tagung im Bildungshaus St. Virgil in Salzburg (siehe nebenstehenden Beitrag). Im Lauf der Diskussion wurde festgestellt, daß die Globalisierung als zentrale Herausforderung, ja Provokation, für das Kirche sein aller Kirchen zu sehen ist. Die derzeit laufenden weltweiten, wirtschaftlichen Prozesse müssen von Kirchen aus religiöser Sicht kritisiert werden. Die Ökonomie ist zu wichtig, um sie den Ökonomen zu überlassen. Angesichts der Tatsache, daß ganze Völker am Weltmarkt nicht als Produzenten und Käufer in Erscheinung treten können, muß es Aufgabe der Kirchen sein, diese Menschen nicht ruhig zu stellen, sondern ihr Elend zur Sprache zu bringen und Netzwerke der Solidarität aufzubauen.

Schließlich teilt der Turbokapitalismus die Menschen weltweit in Gewinner und Verlierer. Erfolgstypen und Angsthasen gab es eigentlich immer, doch in unserer aktuellen Gesellschaft wird der Gewinner verherrlicht. Die Verlierer werden zu Menschen zweiter Klasse abgestempelt. Der Siegertyp und Erfolgsmensch in der heraufziehenden Weltgesellschaft darf weder die eigenen Opfer seines Erfolges noch das Schicksal der Verlierer wahrnehmen. Er muß in dem Bewußtsein handeln,' daß Rücksichtslosigkeit zum Erfolg-reichsein dazugehört. Von Verantwortung der Gewinner für Verluste anderer kann keine Rede sein.

Die Kirchen stellen dagegen die Botschaft des Evangeliums: Jesus ist ein Verlierer, der für uns starb, und kein Sieger, der über Leichen geht. Er nimmt radikal die Opferseite ein und mißt die Gesellschaft daran, wie sie mit den Schwachen umgeht. „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan”, dies ist der Maßstab Jesu auch für die Kirchen heute. Daher ist die Glorifizierung des Siegers für die christlichen Kirchen eine heratische Provokation und fundamentale Herausforderung.

Den Kirchen steht eine entscheidende Reformation bevor: Sie müssen zu Agenturen der Wahrheit, der Solidarität, des Trostes und der Zuverlässigkeit werden. Müller-Fahrenholz betont besonders die Wichtigkeit der gegenseitigen 'Tröstung: Der einzelne, mit den Problemen in der Welt alleingelassen, neigt dazu, von Gefühlen der Resignation, diffuser Traurigkeit, Entschlußunfähigkeit und ähnlichem getroffen zu werden.

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