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Grüner Totalitarismus
Wer in diesen Tagen das Volksbegehren des Graugänsevaters Konrad Lorenz unterschreiben möchte, darf sich nicht auf den Schweinezüchter Zsupan im „Zigeunerbaron” ausreden. Wer unterschreiben kann, der kann auch lesen, soll auch lesen, bevor er unterschreibt. Vor allem das Kleingedruckte.
Auf das Kleingedruckte kommt es auch bei der Gesetzesvorlage an, die dem Volksbegehren zugrunde liegt Das ist wie bei jedem anderen Wisch, den einem ein Hausierer durch den Türspalt unter die Nase hält. Im Kleingedruckten lauern die Fallstricke, mit denen leichtfertige Unterschreiber gefangen werden sollen.
Beim Volksbegehren werden diese Fallstricke allerdings schon im Großgedruckten ausgelegt. Die Protagonisten sind ihrer Sache so sicher, daß sie ihren Kunden gleich mit dem Stellwagen ins Gesicht fahren.
Da wird zunächst das „Grundrecht auf Umweltqualität” gefordert. Ein schwer definierbares und folglich schwer judizier bares Recht. Wer bestimmt denn, was „Umweltqualität” ist? Nicht umsonst steht eine so verschwommene Forderung an der Spitze des Textes. Mit Verschwommenheit lassen sich am besten Zielvorstellungen vernebeln, denen nicht alle Angesprochenen folgen mögen.
Die nächste Forderung macht die ganze Stoßrichtung schon deutlicher: „Nationalparks” sollen in Hainburg, in den Hohen Tauern, im Reichraminger Hintergebirge und im burgenländi-schen Seewinkel geschaffen werden. Bis auf die Alibinennung des Seewinkels und die großräumige Umschreibung „Hohe Tauern” haben sich die Volksbegehrler exakt auf jene Gegenden (gewaltfrei) eingeschossen, wo neue Großkraftwerke errichtet werden sollen.
Nützliche Geographie
Warum nicht auch Nationalparks im Toten Gebirge, im Kärntner Seenland, in der Dach-stein-Grimmingregion, im Salzkammergut? Dort wären sie wirt-schafts- und daher auch gesellschaftspolitisch uninteressant. Die Textdichter des Volksbegehrens wissen schon, welche Geographie ihrer Politik nützlich ist.
Mit der nächsten Forderung wird die grüne Katze mit den roten Guckerschecken ganz aus dem Sack gelassen: Da wird das generelle Verbot von Großkraftwerken verlangt. Die Namen Hainburg und Zwentendorf stehen nur als emotionsf ordernde Synonyme für alles andere.
Wenn es nach dem Volksbegehren ginge, dürfte kein Großkraftwerk mehr in Österreich gebaut werden; auch wenn alle umweit-schützerischen Auflagen erfüllt wären.
Das zeigt, daß Umweltschutz nur als Vorwand für andere politische Absichten dient. Jedes grö-
ßere, wichtige energiewirtschaftliche Vorhaben würde durch das Generalverbot der Konrad Lo-renz-Sperr- und Schließgesellschaft verhindert werden können.
Solch gründoktrinärer Totalitarismus führt zur totalen Auslieferung Österreichs an seine Energiegnadenspender in totalitären Ländern.
Viele Löcher
Die volkswirtschaftlichen und politischen Auswirkungen dieser Kernforderung des Volksbegehrens gegen das österreichische Volk sind auch für ökonomisch und ökologisch weniger beschlagene Laien klar erkennbar.
Nur grün-alternative Umstürzler lenken davon ab, weil sie nur ein Ziel vor Augen haben: in die bestehende Gesellschaftsordnung unter massenwirksamen Vorwänden möglichst viele Löcher zu schlagen.
Wie die „größte Zahl von Arbeitsplätzen durch umweltsichernde Maßnahmen” (Forderung 5) ohne Mitwirken einer lebensfähigen, mit ausreichender Energie versorgten Wirtschaft gesichert werden kann, deuten die Experten der Volksbegehrensüberpartei in keinem kleingedruckten Nebensatz an.
Die Forderung nach möglichst vielen Kleinkraftwerken (Blockheizkraftwerken) zeigt, wie sich die Schlange in den eigenen Schwanz beißt. Auch solche Kraftwerke können unter Berufung auf die „Umweltqualität” jederzeit von jedermann (jeder-frau!) verhindert werden.
Nur soll sich der einzelne Verhinderer (siehe Kleingedrucktes) nicht selbständig, sondern im Rahmen selbsternannter Institutionen querlegen. Dort werden sicher die Volksbegehrler wieder das große Sagen haben.
Der Autor ist freier Publizist in Wien.
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