Mehr Respekt für die Arbeit der Putzfrauen
Am Frauentag, dem 8. März, sollte die Politik jene Berufsgruppe in den Blick nehmen, ohne die kein funktionierender Alltag möglich ist: die Putzfrau. Ein persönliches Gedankenspiel.
Am Frauentag, dem 8. März, sollte die Politik jene Berufsgruppe in den Blick nehmen, ohne die kein funktionierender Alltag möglich ist: die Putzfrau. Ein persönliches Gedankenspiel.
Meine Mutter arbeitete bis zur Pension als Reinigungskraft, wie viele Frauen, die im Bosnienkrieg nach Österreich gekommen sind. Was viele oft übersehen: Der Job von Putzfrauen (Männer sind in dieser mehrheitlich weiblichen Branche mitgemeint) ist schwerste körperliche Arbeit, die im Schnitt mit zehn Euro pro Stunde entlohnt wird. Bauarbeiter oder Lkw-Fahrer, mehrheitlich männlich dominierte Branchen, erhalten für ihre schweißtreibende Arbeit das Doppelte oder Dreifache. Deswegen sollte man am Weltfrauentag, dem 8. März, den – meist migrantischen – Putzfrauen Respekt zollen.
Doch Respekt allein reicht nicht aus. Anlässlich des Frauentags forderte Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl kürzlich „eine Frauenpolitik, die diesen Namen verdient“. Der Ausbau der Kinderbetreuung, Lohntransparenz und eine Qualifizierungsoffensive sind die Stichworte, die jedes Jahr rund um den 8. März in den Medien Anklang finden – in der Regierung jedoch weniger. Stichwort Qualifizierung: Der Grundsatz, dass Frauen mit besserer Ausbildung mehr verdienen, ist zwar richtig, doch im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen ist der Pay-Gap immer noch immens. Eine Studie aus den USA aus dem Jahr 2015 zeigte zudem am Beispiel von Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst, dass die Löhne sinken, sobald der Frauenanteil steigt. Ab einem Frauenanteil von 60 Prozent kommt es bereits zu Einbußen. Umgekehrt gibt es auch den Effekt, dass Jobs besser bezahlt werden, wenn mehr Männer eine Branche fluten. Das ermittelten die Sozialwissenschafter Daniel Oesch und Emily Murphy. Laut Gleichstellungsbericht des Weltwirtschaftsforums aus dem Jahr 2022 wird es noch 132 Jahre dauern, bis Frauen ökonomisch gleichberechtigt sind.
Belästigungen und Übergriffe
Gleichberechtigung braucht es auch für die Stellung der Reinigungskräfte. Für viele sind sie ein Symbol der Scham oder des gesellschaftlichen Abstiegs. Der französische Paradeintellektuelle Didier Eribon bringt bald sein neuestes Buch heraus. Es handelt vom Leben seiner verstorbenen Mutter, einer Putzfrau. Immer habe sie sich geschämt, weil sie keine höhere Bildung erlangt habe, erzählt Eribon derzeit wieder in diversen Interviews. Frauen, die als Reinigungskräfte arbeiten, sollten aber vielmehr ein Symbol für Stolz sein. Ohne sie geht es schließlich nicht. Schätzungen zufolge hat jeder siebente Haushalt in Österreich eine Reinigungskraft.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!