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„Es bestimmen nach wie vor die Männer"

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Die politischen Frauenaktivitäten erreichten vor rund zwei Wochen einen spektakulären Höhepunkt. Neben zahlreichen Parteiveranstaltungen roter und schwarzer Couleur hatten auch autonome Frauengruppen die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt.

Obwohl in Linz bereits ein katholisches Frauenhaus, und ein ÖVP-Wohnprojekt mit dem Vereinstitel „Allein mit dem Kind" die Pforten für mißhandelte Frauen geöffnet hatten und überdies die SPÖ-Frauen ein partei-eigenes Heim planen, machten sich etwa 20 junge Frauen mit einem tagelangen Sitzstreik für ein Kommunikationszentrum stark, in dem sie jeglichen Männerbesuch verpönt wissen wollten. Selbst Handwerker sollten dort weiblich sein.

Ohne Strategie und ohne den Vorversuch, mit Entscheidungsträgern auf dem Verhandlungsweg ihr Ziel zu errei- > chen, setzten die Feministinnen radikale Schritte.

Die Bundes- und Landesvorsitzende der Frauen im ÖAAB, Landtagsabgeordnete Maria Hampel-Fuchs analysiert daher trocken: „Die sogenannten .Emmas', die den Weg außerhalb der Strukturen zu gehen versuchen, setzen zwar gewisse Signale, werden aber kaum ihre Ziele erreichen. Ohne Marsch durch die Institutionen können wir nichts erreichen".

Um dann nachzusetzen: „Denn es bestimmen nach wie vor die Männer".

Und so mühen sich aber in detailreicher Kleinstarbeit die politischen Frauenbewegungen um die Durchsetzung ihrer Interessen.

Aber noch eine zweite Frage bewegt die femininen Gemüter. Irene Dyk, ÖVP-Landtagsabgeordnete und Assistentin am Institut für Arbeitsmarktpolitik an der Universität Linz, formuliert: „Es gibt so etwas wie weibliche Werte. Wenn wir diese in die Politik einbrächten, könnten wir bei den Männern eine Art Nachahmungseffekt erzielen. Sie würden sich für den Gefühlsbereich öffnen und damit ein humaneres Miteinander internalisieren". Die fraulich engagierte Frau ist zutiefst davon überzeugt, daß „eine weibliche Gesellschaft auch eine humanere Gesellschaft" bedeuten würde.

Die, Veranstalter des vierten Frauenforums der sozialistischen Bundesregierung mit dem Fragetitel „Mehr Chancen für die Frauen", das Mitte November unter der Leitung von Staatssekretärin Johanna Dohnal in Niederösterreich abgehalten wurde, plädierten generell für gleiche Rechte, gleiche Lebenschancen von Mann und Frau. Sie demonstrierten die bestehenden Ungleichheiten an folgenden Polit-The-men:

• Bildung: Obwohl das Bildungsdefizit der Mädchen weitgehend abgebaut sei - beispielsweise stieg in der Oberstufe der AHS die Beteiligung der Mädchen um 64 Prozent und der Mädchenanteil, der nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung erhält, sank zwischen 1970 und 1979 von 22 auf acht Prozent — bestehe bei der Wahl des

Ausbildungsganges gravierende Ungleichheit.

• Beruf: Mädchen würden noch immer für traditionelle Frauenberufe ausgebildet, die sich durch geringe Bezahlung, geringe Aufstiegschancen und ein geringes Berufsprestige geradezu auszeichnen.

• Familie: Die in der Familienrechtsreform festgeschriebene Partnerschaft von Mann und Frau bedürfte einer entsprechenden Anpassung in den Sozialversicherungsgesetzen.

Seltsam kritiklos stehen die SPÖ-Frauen freilich ihren männlichen Kollegen gegenüber, wenn es um das Engagement der Frauen in der Politik geht. Sie scheinen sich mit Kreiskys „Knalleffekt", der Bestellung von vier zusätzlichen Staatssekretärinnen vor Jahresfrist zufrieden zu geben.

Diese scheinen überdies einen Auftrag ihrer Ministerchefs zu vollziehen, die Vertreterinnen der großen Oppositionspartei zwar zu den überparteilichen Frauenveranstaltungen einzuladen, sie aber bei den öffentlichen Pressekonferenzen auszuschalten.

Dies passierte zuletzt auch in Niederösterreich. Freilich wußten sich die streitbaren ÖVP-Frauen zu wehren. Sie organisierten kurz entschlossen eine Gegenkonferenz, bei der sie ihre Bemühungen um die Schaffung einer Drogenstation mediengerecht präsentierten.

Auch die blau-gelbe Landesregierung will einen attraktiven Akt setzen. Im Anschluß an das Karenzjahr sollen Mütter und Väter, die zusätzlich zu ihrem Kind zwei weitere Kinder in diesem Alter betreuen, einen monatlichen Zuschuß von 1.500 Schilling erhalten. Damit soll ein doppelter Effekt erzielt werden: Die „Aktion Tagesmutter" gewinnt neuen Anreiz und die Lücke in der Kinderbetreuung, die bislang zwischen dem Karenzjahr und dem Kindergartenalter klaffte, könnte geschlossen werden.

Die Politikerinnen wissen aber auch in internationalen Gewässern zu steuern. Und das nicht erst seit heute. Vor 25 Jahren, als von einer EDU (Europäische Demokratische Union) noch keine Rede war, hatten sich bereits christlich-demokratische und konservative Polit-Frauen in der EFU (Europäische Frauen Union) zusammengeschlossen. Ihre Gründerin: Die Österreicherin Lola Solar. Ihre Ziele: Die Koordinierung der europäischen Gesetzgebung und die Festigung der Menschen-, Familien- und Gesellschaftswürde.

Mitte November beging das internationale Frauengremium mit einem Festakt im Wiener Redoutensaal seinen 25. Geburttstag.

Eine Zwischenbilanz zeigt, daß neben einer Vergrößerung der Chancen für die Frauen auch eine Anerkennung der EFU durch höchste politische Gremien erzielt wurde. Die Union besitzt beratenden Status beim Europarat und bei der UNO.'

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