7126621-1997_07_14.jpg
Digital In Arbeit

Ablehnung

Werbung
Werbung
Werbung

Maria Rauch-Kallat, Generai.se-kretarin der OVP: „Die Zustimmung, die das Frauenvolksbegehren in den ersten Reaktionen erhalten hat, ist als Ausdruck einer tiefen Unzufriedenheit vieler Frauen mit ihrer sozialen Lebenssituation zu werten. Jede verantwortungsvolle Politik ist daher gut beraten, diese Zeichen sehr ernst zu nehmen.

Die ÖVP muß jedoch auf den Umstand hinweisen, daß sich diese Unzufriedenheit vieler Frauen in Österreich nach 17 Jahren sozialdemokratischer Frauenpolitik in der Bundesregierung * äußert: Weder die SPÖ-Frau-enministerinnen Dohnal und Konrad, die SPÖ-Sozialminister He-soun und Hums noch die SPÖ-Fi-nanzminister Lacina und Klima haben einen politischen Zustand erreicht, der Frauen Zufriedenheit vermitteln könnte. Das Frauenvolksbegehren ist daher auch Ausdruck des Scheiterns sozialdemokratischer Frauenpolitik.

Der Großteil der Forderungen des Frauen volksbegehrens zielt auf soziale .Verbesserungen' für Frauen. Diese klingen auf den ersten Blick sympathisch und unterstützens-wert. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, daß über die Umsetzung dieser sozialpolitischen Forderungen indieBealität nur sehr vage Angaben gemacht werden, und damit nicht ersichtlich wird, welche Nachteile für Frauen mit einigen dieser Maßnahmen entstehen. ■ Die kostenmäßige Einschätzung der Er-

füllung einiger Vorschläge des Frauenvolksbegehrens ergibt eine enorme Benachteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt: Allein die staatlichen Ausgleichszahlungen für die geforderten Mindesteinkommen von 15.000 Schilling verursachen Kosten von zirka 25 Milliarden Schilling. Die geforderte Pensionsregelung für Frauen kostet weitere 19 Milliarden Schilling. Allein aus diesen beiden Titeln erwächst eine Mehrbelastung von zirka 45 Milliarden Schil-

■ Die Umsetzung des Frau-envolksbegehrens würde daher die Steuerquote beziehungsweise die Lohnnebenkosten in Österreich deutlich erhöhen. Die uns allen bekannte Folge: Arbeitsplätze - insbesondere für Frauen - würden abgebaut. ■ Der verlangte äußerst rigide Ausbau der „Schutz-Bestimmungen" für Frauen würde zusätzlich am enger werdenden Arbeitsmarkt die Beschäftigung von Frauen in enormem Maße unattraktiv machen. Die Folge: Jede Firma wird sich sehr genau überlegen, ob sie eine Frau beschäftigt.

■ Die im Frauen Volksbegehren vorgesehenen Maßnahmen führen daher die Frauen in neue wirtschaftliche und soziale Abhängigkeiten: Die Abhängigkeit von Männern wird jetzt zur Abhängigkeit von staatlichen Einrichtungen und Sozialleistungen.

■ Der ÖVP geht es um die unabhängige und eigenverantwortliche Frau, die über ihre eigene wirtschaftliche und soziale Situation entscheiden können muß."

Starke Polarisierung

Christine Gubitzer, Bundesfrau-en vorsitzende der fraktion christlicher Gewerkschafter (FCG), Frai.'ENREKerentin der Gewerkschaft OfEENTLICHKR 1 )IK\ST,

Stv. Vorsitzende der OGB-Frauen, Stv. Vorsitzende der FCG: So sehr ich die Idee eines Frauenvolksbegehrens verstehe und begrüße, kann ich - entsprechend meinem derzeitigen Informationsstand über den Inhalt -diesem Volksbegehren nicht uneingeschränkt zustimmen und werde es selbst wohl nicht unterzeichnen.

Es muß wohl anerkannt werden, daß in den letzten Jahrzehnten für die Sache der Frauen viel erreicht wurde, vor allem was gesetzliche Regelungen zur HH Gleichstellung betrifft. Allerdings ist die Gleichberechtigung der Frauen in unserer Gesellschaft auf dem Papier viel weitreichender als in der Realität des Alltages. Da sind die Männer aber auch die Frauen gleichermaßen gefordert, für eine Umsetzung der Gesetze zu sorgen. Die Männer, die an den Schalthebeln der Macht sitzen, meinen uns mit freundlichen Worten und Gesten beschwichtigen zu können, damit wir bei der Umsetzung der Gleichberechtigung nachgiebig sein sollen. Wir Frauen dürfen uns durch diese Beschwichtigungen nicht Sand in die Augen streuen lassen und müssen selbstbewußt auf unseren Rechten bestehen.

Grundsatz aber muß für beide Geschlechter die „Gleichberechtigung" sein, was heißt, daß wir als Frauen auch sensibel genug sein müssen, nicht mehr zu fordern als recht ist, auch wenn es nicht immer billig sein kann.

Andererseits übersehen wir, daß etwa die Frage der Kinderbetreuung nicht nur für Frauen wichtig ist, wir aber dieses Thema stark „weiblich" besetzen. Es gibt eine Fülle von Informationen für alleinerziehende Mütter. Dabei ist jeder siebente Alleinerzieher ein Mann, der auch Hilfe und Informationen benötigt. Ein Mindestlohn ist nicht nur Sache der Frauen, sondern aller Arbeitnehmer und hat als Forderung zur Gleichbehandlung eigentlich keinen Konnex. Daß es nicht angehen kann, überwiegend Frauen vom Arbeitsmarkt zu verdrängen, ist klar. Es muß aber auch hinterfragt werden, inwieweit die Qualifikationen Hi dabei eine Rolle spielen.

Gleichbehandlung findet in den Köpfen der Menschen statt. Dazu ist eine Stärkung des Selbstbewußtseins der Frauen nötig, die eher damit erreicht wird, wenn wir unser Können und unsere Fähigkeiten bewußt wahrnehmen und gezielt einsetzen. Andererseits ist eine Veränderung des männlichen Denkmusters nötig, damit die Wertigkeit einer Leistung, einer Fähigkeit nicht vom Geschlecht abhängig gemacht wird. Das sollte eine Verhaltensänderung dahingehend bewirken, daß selbstverständlich mit Frauen die Macht gerecht geteilt wird, statt sie aus überheblicher „Besserwisserei" allein für die Männer zu beanspruchen.

Daß die Diskussion über die Problematik der Gleichbehandlung und Gleichberechtigung nicht abreißt, darin besteht der besondere Wert des Frauenvolksbegehrens, egal wieviele es unterzeichnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung