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Digital In Arbeit

Den Kampf nicht aufgeben

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Weil die Gespräche mit Regierungsvertretern nichts gebracht haben, wollen die Initiatorinnen des Frauenvolksbegehrens in den nächsten Monaten gröbere Töne anschlagen.

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Weil die Gespräche mit Regierungsvertretern nichts gebracht haben, wollen die Initiatorinnen des Frauenvolksbegehrens in den nächsten Monaten gröbere Töne anschlagen.

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DIEFURCHE: Wie steht es heute um die Anliegen des Frauenvolksbegehrens und welche Aufgaben hat dabei das von Ihnen am 15. April gegründete Expertinnenkomitee?

Johanna Dohnai.: Wir haben als Folge von 650.000 Unterschriften ein „Komitee zur Durchsetzung der Forderungen des Frauenvolksbegehrens” geschaffen. Ziele der Arbeit dieses Komitees sind Verhandlungen zu den einzelnen Punkten des Volksbegehrens, wofür Expert(inn)en aus den verschiedenen Fachbereichen als Beraterinnen) und Mitarbeiter(innen) in parlamentarischen Ausschüssen zur Verfügung stehen. Das Komitee steht außerdem sämtlichen Frauenforen und Organisationen in allen Teilen Österreichs als Informationspool zur Verfügung, damit die Forderungen durchgesetzt werden können und Netzwerke geschaffen werden.

DIEFURCHE: Sie haben jahrelang massiv versucht, die Gleichberechtigung der Frauen voranzutreiben, offensichtlich ohne den gewünschten Erfolg. Wieso glauben Sie, daß die Chancen dazu jetzt großer sind? DoilNAL: Ich war 16 Jahre lang in dieser Regierung. Diese Zeit war durchzustehen und viele Dinge sind damals auch in Bewegung gekommen. Was heute auf österreichischer Ebene, ausgelöst durch internationale Entwicklungen läuft, ist aber gegen jegliche Menscheninteressen, im besonderen Maße Fraueninteressen. Unter dem Titel der „Budgetkonsolidierungsmaßnahmen” wird seit 1995 an Existenzgrundlagen gerüttelt, und das betrifft in erster Linie uns Frauen. Das schafft auch ein frauenfeindliches Klima. Deshalb habe ich es als für sehr wichtig erachtet, daß es Frauen gibt, die die Initiative zu einer Gegenbewegung durch das Frauenvolksbegehren gestartet haben.

Es gibt jetzt ein parlamentarisches Prozedere, das eingehalten wird. Der springende Punkt wird aber sicher sein: Wie ernst werden diese Forderungen genommen?

Vielleicht ist es noch zu früh, etwas zu sagen. Das Komitee steht mit seinen bescheidenen Ressourcen, der Er -fahung und dem Fachwissen zur Verfügung, damit Gespräche mit der Regierung und dem Parlament stattfinden können. Das Gespräch, zu dem die Regierung die Vertreter und Vertreterinnen des Frauen Volksbegehrens eingeladen hat, hat bisher gar nichts gebracht.

Ich will aber nicht unken. Im September wird das Komitee an die Öffentlichkeit treten, und die erste Analyse auf den Tisch legen. Das wird in Abständen von zwei bis drei Monaten wiederholt. Wir werden alle outen, die schäbig sind, heucheln, lügen oder verschleiern. Egal, ob es sich um Man -ner handelt oder Frauen, und welcher Partei sie angehören. Das ist unsere Aufgabe.

Ich werde selbst helfen, wo man mich braucht, denn ich halte es einfach für wichtig, daß sich die Frauen rühren. Wir Frauen haben uns immer alles erkämpfen müssen, nichts ist uns geschenkt worden.

DIEFURCHE: Wäre die Gründung einer Frauenpartei nicht viel wirksamer? dohnal: Es gibt genügend Frauen, die das wollen. Ich spüre und höre auch immer wieder, daß viele Frauen in die von Männern dominierten Parteien generell kein Vertrauen mehr haben. Und es wird von Frauen auch registriert, daß es sich die Politikerinnen irgendwie gerichtet haben und angepaßt reagieren ...

DIEFURCHE: ... worauf sollen die Frauen dann noch warten ...? DOHNAL: Warten allein ist keine gute Strategie, denn wir würden Jahrhunderte lang warten. Es ist ganz einfach: ohne Regelungen, Vorgaben und Gesetze ändert sich für Frauen nichts. Immer wieder wird darauf verwiesen, wie gut es für Frauen in den skandinavischen Ländern ausschaut. Da kann ich nur sagen: die haben die gesetzlichen Quotenregelungen schon lange! Und genau das ist der Grund, warum es den Frauen dort heute auch besser geht. Ich rede jetzt nicht von Unterstützung für Betriebe, wenn sie Frauenförderpläne vorlegen. Das ist ein eigenes Thema und müßte gesondert diskutiert werden. Ich meine die generellen Quotenregelungen: für die politischen Parteien, für die Kandidatenlisten, für den öffentlichen Dienst, die Universitäten.

DIEFURCHE: Der Staat als Arbeitgeber könnte gleich anfangen ... dohnal: Das Prinzip, von Firmen, die öffentliche Aufträge erhalten oder öffentlich gefördert werden, auch die Einhaltung von Regem einzufordern, ist doch auch in anderen Fragen gang und gebe und durchaus gerechtfertigt. Die ersten, die sich in der Tat über dieses Prinzip Gedanken machen sollten, sind die Parteien, vor allem die Großparteien. Die Regierungsparteien bekommen öffentliche Gelder und sollten als Arbeitgeber in dieser Frage durchaus angreifbar sein. Wenn keine Budgetgelder mehr fließen, könnte es in dieser Sache sicher zu einem Umdenken kommen. Das Problem ist heute, daß gar nicht mehr gekämpft wird. Die neue Frauenministerin wird darauf schauen müssen, daß ihr Einsatz auch sichtbar wird. Sie wird die Auseinandersetzung um Frauenanliegen öffentlich führen müssen. Die Bereitschaft, sie zu unterstutzen, sehe ich allerdings -vom Bundeskanzler abwärts - wirklich nicht!

Was ich allerdings sehe, ist eine immense Unterstützung durch das Frauenvolksbegehren, die die Ministerin auch ergreifen sollte.

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