6971606-1985_32_06.jpg
Digital In Arbeit

frau macht Fort-Schritte

19451960198020002020

Der Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau ist mit viel Kleinarbeit gepflastert. Dennoch wurden in den siebziger Jahren deutliche Verbesserungen erzielt.

19451960198020002020

Der Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau ist mit viel Kleinarbeit gepflastert. Dennoch wurden in den siebziger Jahren deutliche Verbesserungen erzielt.

Werbung
Werbung
Werbung

Außer Spesen nichts gewesen: diese Bilanz haben Zyniker nach dem Ende der von den Vereinten Nationen ausgerufenen Dekade der Frau (1975 bis 1985) gezogen. Die Bundesfrauensekretärin der SPÖ, Irmtraut Karlsson, wehrt sich heftig gegen solche Behauptungen. Immerhin seien in den letzten zehn Jahren wichtige gesetzliche Veränderungen in fast allen Ländern der Welt vor sich gegangen.

In Österreich seien - vor allem was die Frage der Gleichberechtigung mit dem Mann betrifft — die gesetzlichen Grundlagen geschaffen worden. Die Reform des Familienrechts ist ein Eckpfeiler und kam sogar im Konsens aller drei Parteien zustande.

Das geltende Familienrecht hat die absolute Folgepflicht der Frau in bezug auf den Wohnsitz abgeschafft und verlangt die partnerschaftliche Arbeitsteilung in der Ehe. Der Mann ist nicht länger gesetzliches Oberhaupt der Familie und kann auch keine Entscheidungen über die Ausbildung der gemeinsamen Kinder allein treffen.

Paßanträge dürfen heute auch von der Mutter gestellt werden, und für uneheliche Kinder gelten gleicher Unterhaltsanspruch und gleiches Erbrecht wie für eheliche. Eine weitere wichtige Veränderung ist die Novellierung des Paragraphen über Ehegüter, der früher automatisch annahm, daß das in einer Ehe erworbene Vermögen ausschließlich vom Mann stammt. Dem Mann wird auch nicht mehr die Verwaltung des Vermögens der Frau übertragen.

Die siebziger Jahre waren ganz allgemein großen Sozialreformen verschrieben. So wurde versucht, den Frauen durch gesetzliche Maßnahmen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Aber auch die Hausarbeit wurde der Berufstätigkeit formal gleichgestellt.

Heute gibt es im Krankheitsfall eines Kindes eine sogenannte Pflegefreistellung für Mann und Frau, und das Unterhaltsvorschußgesetz garantiert die Zahlung von Alimenten aus dem Fa-milienlastenausgleichsfonds, falls der Zahlungspflicht nicht nachgekommen wird.

Die Einführung des Mutter-Kind-Passes hatte ein weiteres Sinken der Säuglingssterblichkeit zur Folge, und der Mutterschutzurlaub wurde verlängert.

Die größten Erfolge aber, so die Bundesvorsitzende der SPÖ-Frauen, Jolanda Offenbeck, in der Dekade der Frau wurden in Österreich auf dem Gebiet der

Bildung errungen. Nach der 1975 gesetzlich eingeführten Koedukation und vieler Aufklärungskam-pagnen sind heute 50 Prozent der Maturanten und der Erstinskri-benten an den Universitäten weiblichen Geschlechts.

Dennoch ist eines der Hauptprobleme von Frauen auch heute noch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hierbei ist jedoch bei den Männern ein Trend hin zur Beschäftigung mit den Kindern festzustellen. Nur von den eher unangenehmen Arbeiten im Haushalt, wie Waschen, Putzen und Bügeln, drücken sich die Männer nach wie vor.

Quotenverfahren

Ein trauriges Kapitel in der Bilanz der Dekade der Frau ist die weiter bestehende geschlechtsspezifisch unterschiedliche Einkommensverteilung. Österreichs Frauen verdienen im Schnitt weniger als zwei Drittel von dem, was Männer verdienen. Diese Einkommensunterschiede haben sich vor allem bei den Angestellten in den letzten Jahren noch vergrößert, obwohl sich das Ausbildungsniveau der Frauen immer mehr dem der Männer angleicht.

In Zusammenhang damit steht auch die Unter- beziehungsweise

Nicht-Repräsentation des weiblichen Geschlechts in Spitzenpositionen, in der Wirtschaft wie auch in der Politik. Gerade bei den Politikern ist in den letzten fünf Jahren ein negativer Trend zu beobachten.

Ein Quotenverfahren für die Wahllisten, bei dem die Geschlechterverteilung je nach Mitarbeiterstand der Partei erstellt wird, ist ein Lösungsvorschlag, der bereits in manchen SPÖ-Par-teistatuten fixiert wurde.

Zur Förderung von Frauen im Bundesdienst wurde jetzt ein Programm erstellt, das den Frauen die Angst vor einer Bewerbung um einen höheren Posten nehmen soll. Denn nicht immer sind Vorurteile beim Besetzen höherer Beamtenposten mit Männern maßgeblich. Oft gibt es gar keine weiblichen Bewerber.

In allernächster Zukunft wollen die SP-Frauen vor allem eine Änderung des Notzuchtparagraphen erwirken: auch Vergewaltigung in der Ehe soll dann geahndet werden.

Wie man an der Liste der gesetzlichen Maßnahmen in Österreich während der Dekade der Frau ablesen kann, ist der Weg zu einer vollständigen Gleichstellung von Mann und Frau ein hartes Stück Arbeit. Oft auch wirken Gesetze im gesellschaftlichen Bewußtsein erst viele Jahre nach ihrem Inkrafttreten. Aber außer Spesen ist für die Frauen in den letzten zehn Jahren doch auch etwas gewesen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung