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Digital In Arbeit

Leiten oder leiden die Managerinnen?

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Können Frauen gute Manager sein? Die meisten männlichen Führungskräfte antworten „Ja!“. In der Praxis verhalten sie sich leider anders, zeigt eine neue Studie.

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Können Frauen gute Manager sein? Die meisten männlichen Führungskräfte antworten „Ja!“. In der Praxis verhalten sie sich leider anders, zeigt eine neue Studie.

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Formal gesehen haben Stellenausschreibungen geschlechtsneutral zu sein. Das Zentrum für Berufsplanung (zbp) an der Wirtschaftsuniversität Wien, Anlaufstelle des Managementnachwuchses in Sachen Jobvermittlung, macht hingegen manchmal ganz andere Erfahrungen. Nicht nur, wenn ein Exportleiter für den arabischen Raum gesucht wird, ist der Weg für Frauen versperrt. Zahlreiche Unternehmen suchen dezidiert männliche Absolventen für die Besetzung interessanter und aussichtsreicher Positionen.

Weshalb das so ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Und doch klingen alle Erklärungen plausibel. Breit ist die Spanne

der Vorurteile, mit denen Managerinnen konfrontiert werden: Geringere Qualifikation der Frau, Möglichkeit einer Schwangerschaft als Grund für die Berufsunterbrechung, besonderer Lebenszusammenhang der Frau (Emotionalität, ...).

Das Zentrum für Berufsplanung wollte Klarheit über die tatsächliche berufliche Situation der Absolventinnen der Wirtschaftsuniversität erhalten. Zum Thema „Bewerbungserfahrung und berufliche Situation“ wurden im Herbst vergangenen Jahres 450 Abgängerinnen der Wirtschaftsuniversität der Jahre 1982 bis 1985 mittels Fragebogen befragt.

Dabei zeigte sich, daß die Absolventinnen nicht in das traditionelle Klischee „Ausbildung - Heirat - Kinder - Aufgeben des Berufs“ einzuordnen sind. Bei einem Durchschnittsalter von 27 Jahren sind zwei Drittel ledig, 90 Prozent kinderlos. Die berufliche Ambition rangiert demnach vor dem Kinderwunsch. Ein wichtiger Indikator für dieses berufliche Engagement ist das breite Spektrum an fachlichen Zusatzqualifikationen der Befragten. Dazu zählen Ferialpraktika, Berufstätigkeit während des Studiums, EDV-Ausbildung, Zweitstudien oder längere Auslandsaufenthalte zur Vertiefung der Sprachkenntnisse.

Die Absolventin der Wirtschaftsuniversität ist also hochqualifiziert und interessiert, das an der Wirtschaftsuniversität erworbene Wissen zu erweitern und

zu vertiefen. Kann sie dies nun in ihrer beruflichen Zukunft umsetzen, also einen ihren Qualifikationen und Vorstellungen entsprechenden Job finden?

Offensichtlich gelingt ihr der Sprung in das Wirtschaftsleben sehr rasch. Drei von vier Absolventinnen wissen spätestens zwei Monate nach Verlassen der Wirtschaftsuniversität, in welchem Unternehmen sie ihre erste Arbeitsstelle antreten werden.

Die Zahl sagt aber nichts über die inhaltlichen Aspekte und die Zufriedenheit mit dieser ersten beruflichen Tätigkeit aus. Gespräche mit den befragten Frauen zeigen, daß diese aus einem gewissen Sicherheitsdenken sehr schnell nach Abschluß ihres Studiums einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Sie sind sich oft ihrer hohen Qualifikation nicht ge-hugljewußt, betrachten die ihnen

Die Träume von der Karriere ...

angebotenen Arbeitsbedingungen vielfach unkritischer als ihre männlichen Kollegen.

Eine von ihnen formulierte etwa so: „Ich war derartig verwundert, daß mir gleich die erste Firma ein Angebot machte, daß ich mich gar nicht weiter umgeschaut habe, sondern gleich zusagte.“ Das führt dazu, daß Absolventiri-nen sich auch für solche Branchen interessieren, die für Männer nicht attraktiv sind, und daher dort bei der Jobsuche sehr schnell erfolgreich sind. Statement einer Absolventin: „Die meisten Männer, die sich mit mir beworben hatten, sagten wegen der geringen Aufstiegsmöglichkeiten ab.“

Die Hälfte der Befragten fühlt sich aufgrund ihres Geschlechts in der Bewerbungssituation benachteiligt. Fragen nach Karenzurlaub, Kindern und Ehemann werden als peinlich empfunden. Die Zuweisung unqualifizierter und schlechtbezahlter Tätigkei-

ten führt zur Diskriminierung der Frauen am Arbeitsmarkt.

Zudem wurde festgestellt, daß bei vielen interessanten Jobs nur Männer gesucht und bei gleicher Qualifikation bevorzugt werden. Vielfach wird auch die betriebsinterne Aus- und Weiterbildung von Wirtschaftsakademikerinnen vernachlässigt. „Die bekommen ja Kinder und bleiben dann ohnehin zu Hause.“

Die Studie zeigt allerdings, daß der Grund für die Auflösung des ersten Arbeitsverhältnisses wohl eher Unzufriedenheit über die Art der Beschäftigung ist, als eine Schwangerschaft. Ein Drittel der Befragten hat nach ein bis vier Jahren Berufstätigkeit ein oder mehrere Male die Arbeitsstelle gewechselt.

Die Untersuchung bestätigt auch, daß die Managementwelt männerdominiert ist. Drei von vier Absolventinnen arbeiten mit übergeordneten oder gleichgestellten Männern zusammen, nur ein Viertel hat untergeordnete männliche Kollegen. Die Kolleginnen der Befragten sind zumeist gleichgestellt beziehungsweise in rangniedrigeren Positionen beschäftigt. Das bedeutet, daß es den Absolventinnen an weiblichen Vorbildern fehlt, an denen sie sich orientieren könnten.

Jede fünfte gibt an, selbst eine

Vorgesetztenposition auszufüllen. Dies ist mit erheblicher Mehrarbeit verbunden. Fast die Hälfte der weiblichen Vorgesetzten hat eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von mehr als 45 Stunden. Das läßt sich jedoch nicht unbedingt in höheres Gehalt umset-

zen. Worauf ist das zurückzuführen?

Die Branchen beziehungsweise Unternehmen, in denen die Absolventinnen aufsteigen dürfen, weisen oft ein niedrigeres Gehaltsniveau auf als jene, die Frauen keine Zugangsmöglichkeiten zu höheren Positionen bieten. Oft wird auch die größere Inhaltsorientierung von Frauen ausge-

nützt. Der Aufstieg in der Unternehmenshierarchie selbst wird als Anreiz für eine größere Arbeitsleistung herangezogen, ohne daran eine gehaltsmäßige Besserstellung zu knüpfen.

Knapp mehr als die Hälfte der Absolventinnen bezieht ein Jah-resbruttogehalt zwischen 200.000 und 300.000 Schilling. Nur drei Prozent verdienen mehr als 400.000 Schilling.

Frappierend ist die Unklarheit, die bei den Wirtschaftsakademikerinnen über ihre Aufstiegsmöglichkeiten herrscht. Fast ein Viertel beurteilt die eigenen Karrierechancen mit „weiß nicht“. Nicht einmal jede zweite glaubt, daß ihr der Weg nach oben in gleichem Maße wie ihren Kollegen offen sei (FURCHE-Serie: „Laufbahnplanung“, Nummern 18 bis 23/1986). Eine Absolventin, beschäftigt in

einer großen Bank, drückt es noch schärfer aus: „Wir Frauen sind nur Handlangerinnen der Männer.“

Die geringen Aufstiegsmöglichkeiten tragen nicht gerade dazu bei, die Frauen zu außergewöhnlichen Leistungen zu motivieren. Daraus kann dann scheinbar die Bestätigung von Vorurteilen bezüglich der geringeren Leistungsfähigkeit folgen. Dies spiegelt sich bei der beruflichen Akzeptanz der Befragten wider. Viele klagen, daß sie „nicht ernst genommen“ würden und ständig gegen „Skepsis und Mißtrauen“ in bezug auf ihre berufliche Leistungsfähigkeit anzukämpfen hätten. Fachliche Kompetenz wird Männern von vornherein zugetraut. „Frauen müssen diese immer wieder beweisen.“

Nicht ernst genommen zu werden und keine Vorbilder zu haben, bewirkt Unsicherheit. Unsicher, genau das ist es, was die Befragten, die sich „besser akzeptiert“ fühlen, nicht sind. Aus deren Statements sprechen Selbstsicherheit und Selbstbewußtsein.

Andrea Tschirf ist Büroleiterin des Zentrums für Berufsplanung an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Monika Veith ist Dissertantin am Institut für Soziologie und Wirtschaftssoziologie, Wirtschaftsuniversität Wien. Die wissenschaftliche Untersuchung wurde von beiden Autorinnen durchgeführt.

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